Antwort auf unseren Offenen Brief von Regionalbischof Thomas Prieto Peral zur Veranstaltung von „Miteinander für Europa“

Auf unseren Offenen Brief an Kardinal Marx und Regionalbischof Peral haben wir bereits eine Antwort erhalten, die wir an dieser Stelle veröffentlichen möchten:

Wir freuen uns über die schnelle Reaktion von Bischof Peral und seine Zusage, unsere Kundgebung morgen ab 21. 15 Uhr am Sendlinger Tor (bitte kommt vorbei!) zu besuchen, um ins Gespräch zu kommen.

Wir möchten das Wochenende und die morgige Veranstaltung abwarten, bevor wir uns zu dem Antwortschreiben (vielleicht gibt es ja auch noch eine Reaktion von Kardinal Marx?) noch ausführlicher äußern.

Einige Punkte meinen wir aber bereits jetzt kommentieren zu müssen – gerade auch im Hinblick auf den diese Woche stattfinden CSD München unter dem Motto „Liberté, Diversité, Queerité“:

Weiterlesen:
„Suchet der Stadt Bestes“: CSD und Queerness kein Thema?

Zunächst sind wir sehr irritiert, wenn die Teilnahme an einer Veranstaltung parallel zum CSD unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ mit unstrittig problematischen Akteur*innen u.a. damit gerechtfertigt wird, der CSD oder „Fragen zu Queerness“ spielten dort ja keine Rolle.

Bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ ist bereits das ein Problem. Denn München ist bunt, München ist queer und wir wollen, dass das so bleibt!

Noch problematischer wird dies, wenn man einen Blick in die Workshops der Veranstaltung wirft:

Im Forum 5 zum Thema „Ehe und Familie“ treten zahlreiche queerfeindliche Organisationen auf, die ein ausschließlich binäres Geschlechterverständnis vertreten. Darunter auch die Offensive Junger Christen (OJC), die mit ihrem pseudowissenschaftlichen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) immer wieder mit queerfeindlichen Positionen und als Unterstützer von Konversionsbehandlungen auffiel.

Für „Miteinander für Europa“ spielt das Thema „Queerness“ auch im Kontext mit einem Workshop im Forum 7 zu „Sozialen Initiativen in der Stadt“ keinerlei Rolle. Stattdessen stellt die Besetzung des Workshops ein sehr anschauliches Beispiel über das Vordringen christlich-fundamentalistischer Akteur*innen in den Bereich der Sozialen Arbeit dar: ebenfalls die OJC, die Vineyard Chemnitz, die den für die „Befreiung von der sexuellen Sünde der Homosexualität“ einzusetzende „BethelSOZO Dienst“ anbietet usw…

Beim Workshop im Forum 1 „Gebet für die Stadt“ tritt Johanna Planeth, Leiterin des Gebetshaus München – in dem sie bereits Kleinkinder in „geistlicher Kriegsführung“ unterrichtet – und Leiterin des Kindergottesdienst in St. Matthäus auf. Planeth ist 2. Vorsitzende des hier schon mehrfach erwähnten Vereins Mission Freedom e.V., dessen Vorsitzende Gaby Wentland außerehelichen Geschlechtsverkehr als „erste große Sünde vor Gott“ und Homosexualität als ein „Greuel“ ansieht – der sich aber dennoch mit staatlicher Erlaubnis um schwerst traumatisierte missbrauchte Minderjährige in seiner Einrichtung „Haus SeeNest“ kümmern darf…

Wir wünschen uns weiterhin Antworten…

Zudem haben in unserem offenen Brief einige konkrete Fragen formuliert, die wir bisher nicht beantwortet sehen, z.B.:

  • Wie hoch darf „der Preis“ der Einheit oder eines Miteinanders – im Hinblick auf die zahlreichen problematischen Unterstützer*innen von Miteinander für Europa – tatsächlich sein?

    Konkret: Wo sind die Grenzen eines Dialogs erreicht bzw. wo bedarf es der klaren Abgrenzung und Distanzierung an der es unseres Erachtens in den letzten Jahren immer wieder gefehlt hat und die dem Erstarken christlich-fundamentalistischer Kräfte viel Raum verschafft hat?

  • Welche „christlichen Werte“, die Miteinander für Europa umsetzen will, sind dort konkret gemeint?

    Und: Wie verhalten sich die dort vertretenen Werte beispielsweise zu den Rechten queerer Menschen, die diese Wochen in einer zunehmenden (rechten) Bedrohungslage – übrigens auch direkt auf den Straßen vor der Veranstaltung – für ihre Rechte auf die Straße gehen?

  • Warum bleibt eine deutliche Absage und Distanzierung zum zunehmenden Einfluss herrschaftstheologischer Ambitionen bisher weitgehend aus?

    Damit meinen wir nicht nur den Verweis auf eigene abweichende Positionen, sondern auch dementsprechendes Handeln – auch wenn dann einem „Miteinander“ in einzelnen Fällen eine Absage erteilt werden muss, wie das ja zur UNUM24 auch noch geschehen ist?

  • Kann nach den in unserem Offenen Brief bereits (längst nicht vollständig!) aufgezeigten Verbindungen von „Miteinander für Europa“ wirklich davon ausgegangen werden, dass dort „der Stadt Bestes“ gesucht wird?
„Bill Johnson ist nicht beteiligt“? – Seine „Botschafter“ schon!

Wir vermissen in dem Antwortschreiben zudem ein Eingehen darauf, dass die Veranstaltung durchaus erhebliche Bezüge zu den Ideologien von Bill Johnson aus der Bethel Church aufweist.

Wie wir schon dargestellt haben, gehört einer der beiden Initiatoren der UNUM24, Gerhard Kehl, mit seiner Jordan-Stiftung zum Netzwerk von Miteinander für Europa und tritt dort auch am Wochenende auf.

In unserem Offenen Brief hatten wir dargestellt, wie eng Kehl mit seiner AlpenChurch bzw. seiner Jordan Stiftung mit der Bethel Church verbunden ist. Man könnte wohl durchaus soweit gehen, ihn als einen der „Botschafter“ der Bethel Church in Deutschland anzusehen.

Wie erwähnt, haben neben Miteinander für Europa selbst, auch zahlreiche weitere involvierte Organisationen die UNUM24 – auf der Johnson als einer der „Star-Gäste“ aufgetreten ist – ausdrücklich unterstützt. Hierzu zu sagen, im Unterschied zur UNUM24 trete Bill Johnson bei der Veranstaltung von „Miteinander für Europa“ nicht auf, greift insoweit viel zu kurz.

Und: Der „Preis“ für ein „Miteinander“ scheint hier unseres Erachtens (viel) zu hoch!

„Miteinander für Eoropa“ als Teil der letztlich demokratiefeindlichen „KiNC“?

Es ist auch nicht zutreffend, dass sich der Vorwurf dominionistischer Tendenzen – also einem letztlich demokratiefeindlichen Streben nach einer „christlichen Vorherrschaft“ –in der frei abrufbaren wissenschaftlichen Arbeit von Dr. Maria Hinsenkamp „Visionen eines neuen Christentums“ nicht auch auf „Miteinander für Europa“ bezieht. Das Gegenteil ist der Fall:

So heißt es dort, das Netzwerk „Miteinander für Europa“ habe

„eine zentrale Rolle in der Bildung einer ökumenischen KiNC [„Kingdom-minded Network Christianity“, also einer auf die herrschaftstheologische Ausbreitung des „Reichs Gottes“ ausgerichtete Bewegung, Anm. d. Verf.] [ge]bildet und [nehme] auch eine wichtige Bedeutung in der ›deutschen‹ KiNC ein[…]“

(Hinsenkamp, S. 260 und ausführlich zu Miteinander für Europa auch S. 383 f.).

Zu Gerhard Proß, Moderator von „Miteinander für Europa“ in Deutschland – und damit einem der zentralen Leitungspersonen – führt Hinsenkamp aus:

„Eine Schlüsselrolle in dieser Vermittlerfunktion kommt Gerhard Proß zu, der als Leiter verschiedener christlicher Netzwerke einen Knotenpunkt im Entstehungsprozess der deutschsprachigen und europäischen KiNC darstellt“

(Hinsenkamp, S. 384) und

„Die Formierung der KiNC-Netzwerke zielt immer auch auf die Nähe und den Aufbau von Beziehungen zu offiziellen kirchlichen Amtsträgern. So ist Proß beispielsweise seit 2009 als Moderator des Leitungskomitees der jährlichen ökumenischen Bischofstreffen
in Deutschland tätig und in regem Austausch mit verschiedenen (Landes-)Bischöfen, Präsides und Kirchenvorsitzenden, die wiederholt für die Beteiligung an unterschiedlichen KiNC-Veranstaltungen gewonnen werden.“

(Hinsenkamp, S. 385).

Vorläufiges Fazit:

Wir sind dankbar für die schnelle Antwort von Regionalbischof Peral, auch wenn diese viele Fragen offen lässt. Vielleicht ergibt sich am Freitag Abend die Gelegenheit, zumindest einige davon noch zu beantworten.

Wir warten weiterhin auf eine Reaktion von Kardinal Marx, der sich bisher immer wieder für die Rechte queerer Menschen eingesetzt hat.

Wir sehen uns am 27.06.2025 ab 21 Uhr beim Start an der Papa-Schmid-Straße oder ab ca. 21.15 Uhr am Sendlinger Tor vor der St. Matthäus Kirche (Lindwurmstraße)!

(Dennoch:)

Happy Pride!

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