Antwort auf unseren Offenen Brief von Regionalbischof Thomas Prieto Peral zur Veranstaltung von „Miteinander für Europa“

Auf unseren Offenen Brief an Kardinal Marx und Regionalbischof Peral haben wir bereits eine Antwort erhalten, die wir an dieser Stelle veröffentlichen möchten:

Wir freuen uns über die schnelle Reaktion von Bischof Peral und seine Zusage, unsere Kundgebung morgen ab 21. 15 Uhr am Sendlinger Tor (bitte kommt vorbei!) zu besuchen, um ins Gespräch zu kommen.

Wir möchten das Wochenende und die morgige Veranstaltung abwarten, bevor wir uns zu dem Antwortschreiben (vielleicht gibt es ja auch noch eine Reaktion von Kardinal Marx?) noch ausführlicher äußern.

Einige Punkte meinen wir aber bereits jetzt kommentieren zu müssen – gerade auch im Hinblick auf den diese Woche stattfinden CSD München unter dem Motto „Liberté, Diversité, Queerité“:

Weiterlesen:
„Suchet der Stadt Bestes“: CSD und Queerness kein Thema?

Zunächst sind wir sehr irritiert, wenn die Teilnahme an einer Veranstaltung parallel zum CSD unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ mit unstrittig problematischen Akteur*innen u.a. damit gerechtfertigt wird, der CSD oder „Fragen zu Queerness“ spielten dort ja keine Rolle.

Bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ ist bereits das ein Problem. Denn München ist bunt, München ist queer und wir wollen, dass das so bleibt!

Noch problematischer wird dies, wenn man einen Blick in die Workshops der Veranstaltung wirft:

Im Forum 5 zum Thema „Ehe und Familie“ treten zahlreiche queerfeindliche Organisationen auf, die ein ausschließlich binäres Geschlechterverständnis vertreten. Darunter auch die Offensive Junger Christen (OJC), die mit ihrem pseudowissenschaftlichen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) immer wieder mit queerfeindlichen Positionen und als Unterstützer von Konversionsbehandlungen auffiel.

Für „Miteinander für Europa“ spielt das Thema „Queerness“ auch im Kontext mit einem Workshop im Forum 7 zu „Sozialen Initiativen in der Stadt“ keinerlei Rolle. Stattdessen stellt die Besetzung des Workshops ein sehr anschauliches Beispiel über das Vordringen christlich-fundamentalistischer Akteur*innen in den Bereich der Sozialen Arbeit dar: ebenfalls die OJC, die Vineyard Chemnitz, die den für die „Befreiung von der sexuellen Sünde der Homosexualität“ einzusetzende „BethelSOZO Dienst“ anbietet usw…

Beim Workshop im Forum 1 „Gebet für die Stadt“ tritt Johanna Planeth, Leiterin des Gebetshaus München – in dem sie bereits Kleinkinder in „geistlicher Kriegsführung“ unterrichtet – und Leiterin des Kindergottesdienst in St. Matthäus auf. Planeth ist 2. Vorsitzende des hier schon mehrfach erwähnten Vereins Mission Freedom e.V., dessen Vorsitzende Gaby Wentland außerehelichen Geschlechtsverkehr als „erste große Sünde vor Gott“ und Homosexualität als ein „Greuel“ ansieht – der sich aber dennoch mit staatlicher Erlaubnis um schwerst traumatisierte missbrauchte Minderjährige in seiner Einrichtung „Haus SeeNest“ kümmern darf…

Wir wünschen uns weiterhin Antworten…

Zudem haben wir in unserem offenen Brief einige konkrete Fragen formuliert, die wir bisher nicht beantwortet sehen, z.B.:

  • Wie hoch darf „der Preis“ der Einheit oder eines Miteinanders – im Hinblick auf die zahlreichen problematischen Unterstützer*innen von Miteinander für Europa – tatsächlich sein?

    Konkret: Wo sind die Grenzen eines Dialogs erreicht bzw. wo bedarf es der klaren Abgrenzung und Distanzierung an der es unseres Erachtens in den letzten Jahren immer wieder gefehlt hat und die dem Erstarken christlich-fundamentalistischer Kräfte viel Raum verschafft hat?

  • Welche „christlichen Werte“, die Miteinander für Europa umsetzen will, sind dort konkret gemeint?

    Und: Wie verhalten sich die dort vertretenen Werte beispielsweise zu den Rechten queerer Menschen, die diese Wochen in einer zunehmenden (rechten) Bedrohungslage – übrigens auch direkt auf den Straßen vor der Veranstaltung – für ihre Rechte auf die Straße gehen?

  • Warum bleibt eine deutliche Absage und Distanzierung zum zunehmenden Einfluss herrschaftstheologischer Ambitionen bisher weitgehend aus?

    Damit meinen wir nicht nur den Verweis auf eigene abweichende Positionen, sondern auch ein dementsprechendes Handeln – auch wenn dann einem „Miteinander“ in einzelnen Fällen eine Absage erteilt werden muss, wie das ja zur UNUM24 auch noch geschehen ist?

  • Kann nach den in unserem Offenen Brief bereits (längst nicht vollständig!) aufgezeigten Verbindungen von „Miteinander für Europa“ wirklich davon ausgegangen werden, dass dort „der Stadt Bestes“ gesucht wird?
„Bill Johnson ist nicht beteiligt“? – Seine „Botschafter“ schon!

Wir vermissen in dem Antwortschreiben zudem ein Eingehen darauf, dass die Veranstaltung durchaus erhebliche Bezüge zu den Ideologien von Bill Johnson aus der Bethel Church aufweist.

Wie wir schon dargestellt haben, gehört einer der beiden Initiatoren der UNUM24, Gerhard Kehl, mit seiner Jordan-Stiftung zum Netzwerk von Miteinander für Europa und tritt dort auch am Wochenende auf.

In unserem Offenen Brief hatten wir dargestellt, wie eng Kehl mit seiner AlpenChurch bzw. seiner Jordan Stiftung mit der Bethel Church verbunden ist. Man könnte wohl durchaus soweit gehen, ihn als einen der „Botschafter“ der Bethel Church in Deutschland anzusehen.

Wie erwähnt, haben neben Miteinander für Europa selbst, auch zahlreiche weitere involvierte Organisationen die UNUM24 – auf der Johnson als einer der „Star-Gäste“ aufgetreten ist – ausdrücklich unterstützt. Hierzu zu sagen, im Unterschied zur UNUM24 trete Bill Johnson bei der Veranstaltung von „Miteinander für Europa“ nicht auf, greift insoweit viel zu kurz.

Und: Der „Preis“ für ein „Miteinander“ scheint hier unseres Erachtens (viel) zu hoch!

„Miteinander für Eoropa“ als Teil der letztlich demokratiefeindlichen „KiNC“?

Es ist auch nicht zutreffend, dass sich der Vorwurf dominionistischer Tendenzen – also einem letztlich demokratiefeindlichen Streben nach einer „christlichen Vorherrschaft“ –in der frei abrufbaren wissenschaftlichen Arbeit von Dr. Maria Hinsenkamp „Visionen eines neuen Christentums“ nicht auch auf „Miteinander für Europa“ bezieht. Das Gegenteil ist der Fall:

So heißt es dort, das Netzwerk „Miteinander für Europa“ habe

„eine zentrale Rolle in der Bildung einer ökumenischen KiNC [„Kingdom-minded Network Christianity“, also einer auf die herrschaftstheologische Ausbreitung des „Reichs Gottes“ ausgerichtete Bewegung, Anm. d. Verf.] [ge]bildet und [nehme] auch eine wichtige Bedeutung in der ›deutschen‹ KiNC ein[…]“

(Hinsenkamp, S. 260 und ausführlich zu Miteinander für Europa auch S. 383 f.).

Zu Gerhard Proß, Moderator von „Miteinander für Europa“ in Deutschland – und damit einem der zentralen Leitungspersonen – führt Hinsenkamp aus:

„Eine Schlüsselrolle in dieser Vermittlerfunktion kommt Gerhard Proß zu, der als Leiter verschiedener christlicher Netzwerke einen Knotenpunkt im Entstehungsprozess der deutschsprachigen und europäischen KiNC darstellt“

(Hinsenkamp, S. 384) und

„Die Formierung der KiNC-Netzwerke zielt immer auch auf die Nähe und den Aufbau von Beziehungen zu offiziellen kirchlichen Amtsträgern. So ist Proß beispielsweise seit 2009 als Moderator des Leitungskomitees der jährlichen ökumenischen Bischofstreffen
in Deutschland tätig und in regem Austausch mit verschiedenen (Landes-)Bischöfen, Präsides und Kirchenvorsitzenden, die wiederholt für die Beteiligung an unterschiedlichen KiNC-Veranstaltungen gewonnen werden.“

(Hinsenkamp, S. 385).

Vorläufiges Fazit:

Wir sind dankbar für die schnelle Antwort von Regionalbischof Peral, auch wenn diese viele Fragen offen lässt. Vielleicht ergibt sich am Freitag Abend die Gelegenheit, zumindest einige davon noch zu beantworten.

Wir warten weiterhin auf eine Reaktion von Kardinal Marx, der sich bisher immer wieder für die Rechte queerer Menschen eingesetzt hat.

Wir sehen uns am 27.06.2025 ab 21 Uhr beim Start an der Papa-Schmid-Straße oder ab ca. 21.15 Uhr am Sendlinger Tor vor der St. Matthäus Kirche (Lindwurmstraße)!

(Dennoch:)

Happy Pride!

CSD München trifft auf christlich-fundamentalistische Veranstaltung von “Miteinander für Europa”

“Suchet der Stadt Bestes” mit Unterstützern der UNUM24?! – Gegenkundgebung am 27.06.2025!

Genau ein Jahr nach der christlich-fundamentalistischen Glaubenskonferenz „UNUM24 – Eins Sein“ in der Münchener Olympiahalle, treffen sich erneut – wieder parallel zum CSD – christliche Fundamentalist*innen, die im Sinne einer „Kingdom-minded Network Christianity“ (kurz: KiNC) eine christliche Vorherrschaft anstreben:

Vom 27. bis 29.06.2025 trifft sich das Netzwerk „Miteinander für Europa“ (MfE) unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ in der St. Matthäus Kirche am Sendlinger Tor in München. Am Samstag wird die Route des CSD direkt an der Veranstaltung vorbeiführen.

Und wieder wird eine solche Veranstaltung von Vertretern der Amtskirchen unterstützt. Dieses Mal von Reginalbischof Thomas Prieto Peral und von Kardinal Reinhard Marx, der sich von seinem Generalvikar Christoph Klingan vertreten lässt.

An dieser Stelle veröffentlichen wir unseren Offenen Brief an Bischof Peral und Kardinal Marx, den wir am 27.6.2025 bei einer Kundgebung am Sendlinger Tor verlesen werden.

Start ab 21 Uhr direkt nach dem TINQ*march:
Papa-Schmid-Straße (zwischen Müllerstraße / Blumenstraße.

Kundegebung ab ca. 21:15 Uhr:
Sendlinger Tor, Lindwurmstraße bei der St. Matthäus Kirche

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Offener Brief an
Kardinal Reinhard Marx und
Landesbischof Thomas Prieto Peral

Ihre Teilnahme an der Veranstaltung von „Miteinander für Europa“ – „Suchet der Stadt Bestes“
vom 27. bis 29.06.2025 in der St. Matthäus Kirche München

Kein „Miteinander“ um jeden Preis!

25.06.2025

Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,
sehr geehrter Herr Bischof Peral,

vor genau einem Jahr sorgte die parallel zum Christopher Street Day veranstaltete christlich-fundamentalistische Glaubenskonferenz „UNUM24 – EINS SEIN“ in der Olympiahalle München für erhebliche Kritik. Dem vorausgegangen waren weiterhin öffentliche Recherchen des vom Unterzeichner mit initiierten Protestbündnisses #NoUNUM24 zur problematischen Ausrichtung der Veranstaltung und weiter Teile ihrer Unterstützer*innen.

Neben weiteren Aspekten stand insbesondere die Teilnahme des queerfeindlichen Trump-Unterstützers Bill Johnson aus der kalifornischen Bethel Church im Fokus der Kritik. Der öffentlichen Kritik schlossen sich auch zahlreiche christliche Gruppen, wie beispielsweise die Evangelische Jugend München und #OutInChurch an.

Wir haben damals positiv wahrgenommen, dass Sie, sehr geehrter Bischof Peral, sich unter anderem in einem Interview mit den Worten „Bill Johnson ist ein Spalter“ deutlich von der UNUM24 distanziert haben. Trotz des ökumenischen Einheits-Gedankens stellten Sie klar, dass ein solches Miteinander bzw. eine solche Einheit „nicht um jeden Preis“ anzustreben sei. Soweit uns bekannt, hatten Sie, sehr geehrter Herr Kardinal Marx, eine Teilnahme an der UNUM24 ebenfalls abgelehnt.

Umso irritierter sind wir nun, dass Sie – bzw. Kardinal Marx nunmehr in Vertretung seines Generalvikars – genau ein Jahr nach der UNUM24, und erneut parallel zum an der St. Matthäus-Kirche vorbeiführenden Christopher Street Day, die dort vom 27. bis 29.06.2025 organisierte Veranstaltung des Netzwerkverbands „Miteinander für Europa“ unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ unterstützen. „Miteinander für Europa“ war mit seinem Leiter Gerhard Proß ebenfalls im Trägerkreis und Netzwerk der UNUM24 vertreten. Ein Blick in die Liste der Angehörigen des Netzwerks von „Miteinander für Europa“ (erwähnt sei an dieser Stelle lediglich die lang fortzusetzende Liste von Kritik am Gospel Forum, der FCJG Lüdenscheid oder den Christen an der Seite Israels) wirft nun für uns die Frage auf, wie hoch „der Preis“ der Einheit oder eines Miteinanders Ihres Erachtens tatsächlich sein darf?

So sind bei der Veranstaltung dieses Wochenende auch zahlreiche weitere Personen und Organisationen involviert, die vergangenes Jahr die UNUM24 unterstützt haben. Besonders hervorzuheben ist insoweit (wie schon in den vergangenen Jahren) die Teilnahme von Gerhard Kehl aus der AlpenChurch in Kempten. Kehl war mit seiner Jordan Stiftung neben Fadi Krikor vom „Father‘s House for all Nations“ einer der beiden Initiatoren der UNUM24 und gehört mit der Stiftung ebenfalls dem Netzwerk „Miteinander für Europa“ an. Bei der Jordan-Stiftung wird auch das gefährlicheBethel SOZO-Befreiungsgebet“ angeboten, dass nach seinen „Entwicklern“ u.a. zur „Heilung von Homosexualität“ Anwendung finden soll. Zudem ist Kehl als Mitglied im Trägerkreis des Christlichen Convent Deutschland (CCD) bundesweit mit zahlreichen Organisationen verbunden.

Zudem ist Kehls AlpenChurch Teil des internationalen Bethel-Leaders-Network und steht mit der Bethel Church bzw. deren Netzwerken u.a. auch als „geistlicher Leiter“ der Schule der Erweckung in Füssen in enger Verbindung, wie hier vor Kurzem in der Bethel Church in Redding.

Schließlich findet sich die Anschrift des von Ben Fitzgerald geleiteten „Europa-Ablegers“ der Bethel Church, dem Verein „Awakening Europe“, ebenfalls an der Adresse der AlpenChurch. Innerhalb von nur zwei Jahren übernahm bzw. gründete Awakening Europe mit der Awakening Church drei Standorte in Deutschland, vor Kurzem in Berlin. Erst diese Woche berichtete Frontal, wie eine Undercover-Reporterin in der Awakening Church von Fitzgerald mit Konversionsbehandlungen konfrontiert wurde (gleiches wurde erst neulich in der ICF München aufgedeckt).

Wo bleibt ein hörbarer Aufschrei und deutlicher Widerspruch aus der christlichen Gemeinschaft, die sich immer wieder dagegen wehrt, mit Fundamentalist*innen in einen Topf geworfen zu werden?

Ben Fitzgerald wurde vom Spiegel zu einem Auftritt auf einer Holy Spirit Night des Gospel Forums (übrigens ebenfalls Mitglied bei „Miteinander für Europa“) 2017 mit dem Ausruf zitiert: „I want Deutsche to be proud of being Deutsche. Who cares about history?“. Auf einer weiteren Holy Spirit Night Ende 2023 träumte der Prediger Henok Worku (der ebenfalls auf der UNUM24 und beim Anfang diesen Jahres veranstalteten ZimZum-Festival des Gebetshaus Augsburg um Johannes Hartl auftrat) unter dem Jubel tausender Jugendlicher von einer „neuen Bücherverbrennung“, bei der alle Bücher – mit Ausnahme der Bibel – verbrannt werden.

Sehr geehrter Herr Bischof Peral, Sie benennen Bill Johnson und seine Bethel-Ideologie klar als „Spalter“, unterstützen mit Ihrem Auftritt aber Netzwerke, über die diese „Spalter“ weiter an Einfluss gewinnen? Wie passt das zusammen?

Leider blieb eine nachhaltige Debatte über die problematischen inhaltlichen Ausrichtungen der Unterstützer*innen der UNUM24 und ihrer Netzwerke bis heute aus. Wie dringend eine solche wäre, zeigt u.a. eine seit Ende letzten Jahres frei abrufbare Dissertation der Vikarin Dr. Maria Hinsenkamp unter dem Titel „Visionen eines neuen Christentums“. Hinsenkamp beschreibt dort eine zunehmend sich auch in Deutschland und Europa ausbreitende Glaubensausrichtung, die herrschaftstheologisch bzw. dominionistisch darauf ausgerichtet ist, Gesellschaften nach den eigenen biblizistischen Glaubensvorstellungen zu transformieren. Hinsenkamp etablierte für diese Bewegung den mittlerweile auch in verschiedenen Medien rezipierten Begriff einer „Kingdom-minded Network Christianity“ (kurz: KiNC) und sieht zugehörig zu dieser auch zahlreiche Unterstützer*innen sowohl der UNUM24 als auch das Netzwerk „Miteinander für Europa“. In ihrer Arbeit zeigt Hinsenkamp die weitreichenden Vernetzungen der KiNC in Deutschland und international bis in Kreise der US-Evangelikalen Rechten auf (vgl. zur KiNC in Deutschland z.B. das Schaubild: Hinsenkamp, S. 283). Bisher ist leider nicht wahrnehmbar, dass sich die Amtskirchen mit diesen besorgniserregenden Entwicklungen nachhaltig befassen bzw. sich vor allem dazu deutlich und abgrenzend positionieren.

Besondere Relevanz wird von der KiNC dem u.a. auch von Bill Johnson propagierten sog. „Seven Mountain Mandate“ beigemessen. Nach dessen Inhalt sollen Christ*innen berufen sein, die verschiedenen Gesellschaftsbereiche unter den „Machtbereich Gottes“ (freilich im Sinne eines biblizistischen, christlich-fundamentalistischen Weltbilds) zu bringen und mit entsprechenden Wertvorstellungen zu dominieren. Leider müssen wir aktuell wieder besonders deutlich sehen, wie entsprechende Bestrebungen in den USA bereits Realität werden. Dort wurde die Gefahr dieser Glaubensausrichtung für die Demokratie lange Zeit unterschätzt.

Hinsenkamp zeigt in ihrer Dissertation auch die zentrale Rolle des Netzwerks von „Miteinander für Europa“ bei der Bildung und weiteren Ausbreitung einer ökumenischen KiNC in Deutschland und Europa auf. Zudem weist sie unter Bezugnahme auf Gerhard Proß – dem Hinsenkamp insoweit ebenfalls eine zentrale Rolle zuschreibt – darauf hin, dass „Miteinander für Europa“ sich selbst „als prophetisches Zeichen, als Netzwerk, von Gott selbst berufen und gesammelt, und damit als Zeuge einer besonderen »Gnadenzeit für die Ökumene der Herzen«“ versteht (vgl. Hinsenkamp, S. 384). Auf seiner Homepage beschreibt „Miteinander für Europa“ sein Ziel, „christliche Werte in konkrete Antworten auf aktuelle Herausforderungen um[zu]setzen(Hervorhebung d.d. Verf.). Das zeigt sich unter anderem in der schrittweisen Ausweitung vom „Treffen von Verantwortlichen“ (TvV) über den Christlichen Convent Deutschland (CCD) bis zum Netzwerk „Miteinander für Europa“.

Doch welche „christlichen Werte“ sind bei „Miteinander für Europa“ gemeint? Wie verhalten sich die dort vertretenen Werte beispielsweise zu den Rechten queerer Menschen, die diese Wochen in einer zunehmenden (rechten) Bedrohungslage für ihre Rechte auf die Straße gehen? Warum bleibt, trotz der aktuellen Entwicklungen, die auch bereits von den Medien aufgegriffen wurden, eine deutliche Absage und Distanzierung zum zunehmenden Einfluss herrschaftstheologischen Ambitionen bisher weitgehend aus?

Können Sie nach den aufgezeigten Verbindungen von „Miteinander für Europa“ wirklich noch davon ausgehen, dass dort „der Stadt Bestes“ gesucht wird, obgleich dort (wie in zahlreichen weiteren „christlichen“ Netzwerken „Miteinander für…“) vor allem KiNC-nahe bzw. fundamentalistische evangelikale Akteure beworben werden?

Sie, sehr geehrter Herr Bischof Peral, unterstrichen im bereits erwähnten Interview im Jahr 2024 noch deutlich: „Menschen sind in unserer Kirche willkommen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Orientierung“. Auch Sie, sehr geehrter Herr Kardinal Marx haben sich immer wieder für die Rechte queerer Menschen in der Kirche (u.a. über die Queer-Pastoral) eingesetzt und für die vielen Verletzungen seitens der Kirche um Entschuldigung gebeten. Solche deutlichen Positionierungen, gerade auch von kirchlichen Leitungspersonen wie Ihnen, sind – insbesondere auch wieder in heutigen Zeiten – wichtig. Jedoch: Ein „Miteinander“ mit denjenigen, die sich gegen das Erreichte stellen und die Uhren wieder zurückdrehen wollen, steht dem diametral entgegen!

Die problematischen ideologischen Hintergründe und Ziele bei „Miteinander für Europa“ mögen nicht auf den ersten Blick erkennbar sein. Auch behaupten wir nicht, dass diese von allen dort verbundenen Organisationen in gleicher Weise geteilt werden. Doch auch hier sollte gelten: Kein Miteinander um jeden Preis! Christlicher Fundamentalismus und herrschaftstheologische Ideologien sind global und offenbar auch in Deutschland bzw. im deutschsprachigem Raum (vgl. auch die Diskussionen um das Stift Heiligenkreuz und die Loretto-Bewegung, die sich gerade erst u.a. in der Jugendkirche München trag) wieder auf dem Vormarsch. Die fehlende klare Abgrenzung weiter Teile der Christenheit und auch innerhalb der ökumenischen Bewegung hat diesen Entwicklungen bisher leider immer weiter Raum geschaffen.

Umso wichtiger erscheint es, dass Sie in Ihrer Rolle als christliche Leitungspersonen Ihrer Verantwortung gerecht werden. Denn auch für die Kirche sollte gelten: Keine Toleranz für Intoleranz!

Wir hoffen, dass dieser Brief Sie dazu bewegt, Ihre Positionierung zu den geschilderten Entwicklungen und konkret auch zum Netzwerk von „Miteinander für Europa“ noch einmal zu reflektieren und sich dazu deutlich und öffentlich zu positionieren.

Für Rückfragen oder einen gemeinsamen Austausch stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Pöhl für FundiWatch

Christliche Fundamentalist*innen in der Sozialen Arbeit

Recherche zum Verein Mission Freedom e.V., dessen Gesellschaft Himmelsstürmer Deutschland gGmbH und deren Einrichtung „SeeNest“ für sexuell missbrauchte Minderjährige 

An dieser Stelle veröffentlichen wir eine von mir bereits vor dem Start von FundiWatch verfasste Recherche zur christlich-fundamentalistischen und missionarischen Ausrichtung des Vereins Mission Freedom e.V. Denn leider ist das Thema immer noch sehr aktuell, der Verein immer noch aktiv.

Und außerdem hat die Recherche auch einiges mit dem Entstehen von FundiWatch – und meinem persönlichen Weg dorthin – zu tun…

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Die Recherche zu Mission Freedom habe ich bereits 2023 verfasst. Damals hätte ich mir nie vorstellen können, was das alles auslösen würde. Wie viele neue wunderbare und engagierte Menschen ich darüber kennen lernen würde, dass ich darüber auf die christlich-fundamentalistische Glaubenskonferenz „UNUM24“ in der Münchener Olympiahalle aufmerksam werden würde (Mission Freedom hatte dort einen Stand), dass ich daraufhin mit einigen Mitstreiter*innen das Protestbündnis #NoUNUM24 initiieren würde. Und dass einige von diesen neu kennengelernten Menschen nun Ende vergangenen Jahres mit mir gemeinsam FundiWatch starten werden…

Als ich von all dem noch nichts ahnte, erfuhr ich im Sommer 2023 von Diskussionen in der Profession der Sozialen Arbeit. Diese befassten sich mit der Frage, wie sich die Soziale Arbeit zu religiösen und spirituellen Bedürfnissen ihrer Klient*innen verhalten und damit umgehen sollte. Dabei ging es auch darum, ob bzw. wie Religion bzw. der „christliche Glaube“ für Klient*innen – gerade solche, die aus religiösen Kontexten stammen – als hilfreiche Ressource genutzt werden könne.

Ich war skeptisch. Natürlich mag Religion und Spiritualität für manche Menschen eine wichtige Ressource darstellen. Für andere aber auch nicht. Und vor allem: Leider werden insbesondere Lebenskrisen nicht selten ausgenutzt, um Menschen eigene religiöse Vorstellungen (teils sehr subtil) aufzudrängen.

Ich halte es nach wie vor für wichtig, dass professionell Sozialarbeitende religiöse Hintergründe ihrer Klient*innen verstehen und nachvollziehen ggf. auch vermitteln können. Bereits die vom DBSH veröffentlichte Berufsethik würde jedoch einer Vermischung von Missionierung und Sozialer Arbeit ebenso entgegenstehen, wie die Anwendung unwissenschaftlicher Methoden, wie beispielsweise die Vermittlung eines Glaubens an „Dämonen“, Befreiungsgebete, Wunderheilungen etc.

Was steckte also dahinter? Von wem ging diese Diskussion aus? Sollte es etwa doch um Missionierung gehen?

Also stieg ich in die Thematik ein und schaute mich um, welche Gruppen diese Diskussion (jedenfalls teilweise) mit angestoßen hatten. Schnell stieß ich auf diverse Organisationen, die sich als Hilfen zum „Ausstieg aus der Prostitution“ (die Selbstbezeichnung „Sexarbeit“ wird von diesen explizit abgelehnt) für eine „Welt ohne Prostitution“ engagieren. An ersterem fand ich zunächst nichts Verwerfliches: Wer nicht (mehr) in der Sexarbeit tätig sein möchte, sollte Unterstützung finden.

Skeptisch wurde ich, als ich feststellte, dass viele dieser Organisationen sich für ihr Engagement explizit auf ihren christlichen Glauben berufen. Und dieser offenbar in ihrer Arbeit eine zentrale Rolle spielt, auch wenn dies auf deren Internetseiten teils nicht auf den ersten Blick erkennbar war.

Viele dieser Organisationen sind in dem nahezu ausschließlich christlich-evangelikal ausgerichteten Netzwerkverein „Gemeinsam gegen Menschenhandel e.V.“ (GGMH) verbunden. Darunter auch der Verein „Mission Freedom e.V.“ aus Hamburg, dessen Vorsitzende Gaby Wentland auch im Vorstand von GGMH vertreten ist. Ich wurde hellhörig.

Denn bereits 2013 stand Mission Freedom unter massiver öffentlicher Kritik, u.a. auch wegen öffentlichen Äußerungen von Gaby Wentland (vorehelichen Geschlechtsverkehr bezeichnete sie als „die erste große Sünde vor Gott“, Homosexualität als „Greuelsünde“).

Das Hamburger LKA beurteilte den Verein als „nicht seriös“. Der Hamburger Senat und dortige Opferschutzverbände bewerteten das Konzept von Mission Freedom als nicht den fachlichen Qualitätsanforderungen entsprechend und lehnten jede Zusammenarbeit ab. Kritisch wurde insbesondere die „spezifisch religiöse Ausrichtung im Umgang mit Opfern sexuellen Missbrauchs gesehen („Heilung vom sexuellen Missbrauch“ […])“ gesehen.

Selbst die Diakonie Hamburg, bei der Mission Freedom – bis heute – Mitglied ist, hegte „starke Zweifel“, ob Mission Freedom im geforderten Maß zwischen Sozialarbeit auf der Basis des christlichen Glaubens und dem eigenen Missionierungsauftrag unterscheiden könne.

Und dann fiel mir eine Nachricht auf dem Facebook-Profil der Vorsitzenden von Mission Freedom, Gaby Wentland, auf:

„Im Allgäu hat Gott große Pläne vor 23!“

Bitte was?! Ich schaute weiter und stellte fest, dass Mission Freedom im bayerischen Allgäu eine vollstationäre Schutzeinrichtung für sexuell missbrauchte Minderjährige plante.

Ein Verein, den ein LKA für unseriös hält, von dem sich Opferschutzverbände distanzieren, dessen Vorsitzende mit menschenfeindlichen Äußerungen auffällt und der sexuellen Missbrauch „heilen“ will soll sich um sexuell missbrauchte Minderjährige kümmern?! In der Einrichtung eines solchen Vereins soll das „Kindeswohl“ gewährleistet sein? Denn genau das wäre die gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für so eine Einrichtung (vgl. § 45 SGB VIII).

Ich suchte also nach weiteren, v.a. neueren Erkenntnissen über Mission Freedom. Unter anderem in zahlreichen online abrufbaren Predigten und Vorträgen von Wentland wurde ich fündig – und war alarmiert. Ich trug also alles zusammen und letztlich entstand daraus die nun hier veröffentlichte Recherche. Wir haben diese bewusst auf dem damaligen Stand vom 15.11.2023 mit Aktualisierungen bis zum 15.04.2024 belassen.

Die weiteren Entwicklungen seither daher noch einmal im Folgenden kurz zusammengefasst:

Mit der Recherche wendete ich mich ab Herbst 2023 an diverse weltanschauungsbeauftragte Stellen, Verbände, Behörden, Politiker*innen und Medien. Die Recherche bekam „Beine“ und verbreitete sich erstaunlich schnell.

Das bekam ich auch zu spüren, als ich zu Recherchezwecken im Frühjahr 2024 auf der u.a. von GGMH und Mission Freedom alle zwei Jahre im „Schönblick“ veranstalteten „Konferenz gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung“ teilnahm (ja, genau an dem Ort, an dem derzeit deutsche radikale Abtreibungsgegner*innen ihren Vernetzungskongress abhalten). Gaby Wentland und Inga Gerckens (die heutige Geschäftsführerin der Einrichtung im Allgäu) erkannten mich und stellten mich recht verärgert zur Rede.

Immerhin, rausgeworfen haben sie mich nicht. Ich durfte noch zwei weitere erkenntnisreiche Tage auf der Konferenz mit zahlreichen skurrilen Erlebnissen verbringen. Und an einem Vortrag zum sogenannten BethelSOZO Befreiungsgebet teilnehmen, das laut Beschreibung der internationalen Leiterin Dawna de Silva auch zur „Befreiung“ von Homosexualität eingesetzt werden kann. Ein Bild im Internet zeigt Wentland und Gerckens, wie sie mit weiteren Mitarbeitenden von Mission Freedom ein Seminar von de Silva besuchen…

Die Erlaubnis für die Einrichtung von Mission Freedom, die nun seit Anfang 2024 unter der „Himmelsstürmer Deutschland gGmbH“ das „SeeNest“ betreibt, wurde trotz alledem erteilt. Um die Verbindung zu Mission Freedom zu erkennen, ohne das Handelsregister zu bemühen, muss man schon ganz genau ins Impressum sehen – dort findet man dann den Namen von Inga Gerckens. Und eine Postfachadresse, die auch von Mission Freedom genutzt wird.

Der Bedarf entsprechender Einrichtungen in Deutschland ist grundsätzlich groß. Wenn dann ein Verein daher kommt, der für die Eröffnung keine Fördermittel in Anspruch nimmt und gestützt vom  „Gütesiegel Diakonie“ als christlich auftritt, kommt das nicht ungelegen. Auch ein Jugendamt, dem ich explizit meine Recherche zusendete und Gespräche anbot, ließ sich letztlich nicht davon abbringen, Kinder in der Einrichtung unterzubringen.

Gaby Wentland selbst begrüßte die Unterbringung erster Kinder im „SeeNest“ in einem Video schließlich mit den Worten:

„Das ist so, als wenn Gott mir drei neue Babys geschenkt hat.“

Ein Bericht von Panorama3, eine Anfrage im Bayerischen Landtag, weitere Medienberichte hier und hier (PW) änderten bisher nichts: In der Einrichtung befinden sich weiterhin schwerst traumatisierte Minderjährige in Obhut eines christlich-fundamentalistischen Vereins.

In einem eigenen Artikel in der MIZ kam ich zu dem – leider für mich auch heute noch so gesehenen – bitteren Fazit:

„Das einzige, das zynischer Weise bisher für einen auch öffentlich wahrgenommenen Skandal ‚fehlt‘: Aussagewillige geschädigte Opfer.“

Ich hoffe weiterhin inständig, dass es auch anders geht. Zumal selbst solche Aussagen von Opfern in der Vergangenheit leider immer wieder folgenlos blieben.

Über die Recherche zu Mission Freedom und weiterer sich für ein sog. „Sexkaufverbot“ einsetzender Organisationen habe ich einen mir völlig neuen Einblick in eine auf den ersten Blick seltsam anmutende Allianz christlich-fundamentalistischer, radikal-feministischer und rechter Akteur*innen erhalten.

Maßgeblich dazu beigetragen hat Ruby Rebelde, eine Person, die ich im Zuge meiner Recherchen kennen lernen und mit ihr und weiteren Personen FundiWatch starten durfte. Ruby ist selbst in der Sexarbeit tätig, Autor*in und in der politischen Bildungsarbeit engagiert. Ich habe zuvor – und auch bisher – keine andere Person getroffen, die sich so umfassend und professionell mit den Verbindungen christlich-fundamentalistischer Akteur*innen in Anti-Sexarbeits-Allianzen und deren ideologischen Schnittstellen und Hintergründen befasst hat.

Gerade erst ist Rubys Buch „Warum sie uns hassen“ über Sexarbeitsfeindlichkeit erschienen. Eine absolut empfehlenswerte Lektüre – sei es nun als Alternative oder Ergänzung zu der Recherche zu Mission Freedom…


P.S.: Von Mission Freedom und weiteren nahestehenden Organisationen und Gruppen werden übrigens auch krude Verschwörungserzählungen rund um das Thema „Rituelle Gewalt“ und „Mind Control“ verbreitet (zu Mission Freedom vgl. die Recherche ab Seite 19). So wundert es auch kaum, dass der aktuelle Dokumentarfilm „Blinder Fleck“ von mehreren Mitgliedsorgansiationen von GGMH mit finanziert wurde. Zu der Doku hat Nephthys Morgenstern von FundiWatch gerade einen Gastbeitrag bei belltower.news veröffentlicht, der auch auf die Rollen von Antisemitismus und Verschwörungserzählungen in diesem Zusammenhang eingeht.


München wehrt sich gegen Jordan Peterson: Vielfalt und Demokratie verteidigen

Rechter queerfeindlicher Antifeminismus in der Olympiahalle? NICHT MIT UNS!

Zum Auftritt von Jordan B. Peterson im Rahmen seiner Tour „An evening to transform your life“ in der Olympihalle München (weitere Auftritte in Berlin und Frankfurt).

Mehr Infos

Unter dem Motto „An evening to transform your life“ tritt der Kanadier Jordan B. Peterson am 20. Mai in der Olympiahalle München auf. Was im ersten Moment harmlos daherkommt, ist in Wahrheit Nährboden für rassistische, antifeministische und autoritäre Weltbilder.

Am gleichen Ort fand letzten Sommer erst die christlich-fundamentalistische Glaubenskonferenz „UNUM24“ statt, gegen die sich schließlich das Protestbündnis #NoUNUM24 formierte. Bei der UNUM24 wirkte auch der katholische Theologe Johannes Hartl mit. Hartl trat gerade erst auf einer großen Konferenz von Jordan B. Petersons rechtslibertärer „Alliance for Responsible Citizenship“ (ARC) auf – gemeinsam mit zahlreichen christlichen Influencer*innen… Die ARC kann man durchaus als „Sammelbecken für die internationale politische und religiöse Rechte“ ansehen. Mehr dazu auch in diesem Artikel von correctiv.

Gemeinsam mit Bündnis Femizide Stoppen München, Gemeinsam gegen Rechts, Gruppe F, linksjugend [’solid], Extinction Rebellion München, FundiWatch und weiteren Privatpersonen und Initiativen planen wir einen Protest, dem sich hoffentlich Viele (übrigens hoffentlich auch bei den weiteren Auftritten von Peterson in Berlin und Frankfurt) anschließen!


Unsere Pressemitteilung zur geplanten Gegenveranstaltung findet ihr hier:

Also: Kommt am 20. Mai um 18:00 Uhr vor die Olympiahalle und lasst uns gemeinsam gegen diese Veranstaltung protestieren!


Workshop „Nächstenliebe & Lebenshilfe oder moralpolitische Beeinflussung?“

Wie religiös-fundamentalistische Bewegungen vorgehen

Am 28. und 29.10.2024 hat FundiWatch an der Netzwerktagung „Antifeminismus begegnen – Demokoratie stärken. Sichtbar und aktiv in Kommunen, Organisationen und Sozialer Arbeit“ in Dresden teilgenommen. Der vollständige Tagungsbericht kann hier aufgerufen werden.

Neben der Vorstellung unseres Projekts auf dem angebotenen „Marktplatz“ haben wir auch einen Workshop halten dürfen, in dem wir die Vorgehensweise religiös-fundamentalistischer Bewegungen beschreiben und Tipps zur Recherche über betreffende Organisationen geben konnten.

Hier veröffentlichen wir nun den Workshop-Bericht. Bei Interesse an einem Workshop- oder Seminar-Angebot von FundiWatch stehen wir für individuelle Anfragen über das Kontaktformular oder per Mail gerne zur Verfügung.

Weiterlesen

Das Recherche- und Aufklärungsprojekt FundiWatch dokumentiert christlich-fundamentalistische Aktivitäten in gesellschaftspolitischen Bereichen wie Sozialer Arbeit.

FundiWatch sammelt dazu Hinweise auf christlich-fundamentalistische Weltbilder und beobachtet Netzwerkaktivitäten und politische Praxen der Akteure. Ziel der Arbeit ist Aufklärung und Sensibilisierung über antidemokratische und extremistische Potenziale des christlichen Fundamentalismus.

Christlich-fundamentalistische Einstellungen haben sowohl Auswirkungen auf das Verständnis von „Nächstenliebe“ und „Lebenshilfe“ als auch auf etwaige Ziele einer „(moral-)politischen Einflussnahme“.

Grund hierfür ist das diesen Einstellungen zu Grunde liegende Bibelverständnis: Die Bibel wird wörtlich als unmittelbares Wort Gottes und absolute Wahrheit verstanden. Eine historisch-kritische Einordnung wird abgelehnt. Dementsprechend herrschen beispielsweise eine äußerst konservative Sexualmoral (Sex nur in der Ehe, Homosexualität und Masturbation als Sünde etc.) und ein dualistisches Weltbild im Sinne einer klaren Einteilung der Welt in „gut“ und „böse“ vor.

Einige christlich-fundamentalistische Einstellungen sehen die Erlösung vom Leid in der Welt erst im Jenseits, auf Nicht- bzw. Andersgläubige würden hingegen ewige Qualen in der Hölle warten. Zunehmend vertreten christliche Fundamentalisten aber auch wieder ein Verständnis, nachdem sie dazu berufen seien, Gesellschaften – auch durch politische Einflussnahme – wieder unter christliche Vorherrschaft zu bringen und biblische Werte auf Erden durchzusetzen (sog. christlicher Dominionismus).

Tabellarische Darstellung der verschiedenen Menschenbilder (humanistisches menschenbild, christlich-humanistisches Menschenbild und christlich-fundamentalistisches Menschenbild) im Verhältnis zu verschiedenen Aspekten (Menschenwürde, Sicht auf den Menschen, Sinn des Lebens, Freiheit und Verantwortung, Motivation für Nächstenliebe).

Christlich-fundamentalistische Einstellungen führen aufgrund des Verständnisses, im Besitz der „absoluten Wahrheit“ zu sein und andere „retten“ zu wollen, nicht selten zu „emotionalen Machtmissbrauch“, der in letzter Zeit zunehmend auch in christlichen Kreisen unter dem Stichwort „geistlicher Missbrauch“ diskutiert wird.

Stephanie Butenkemper beschreibt dies wie folgt:

„Geistlicher Missbrauch geschieht dann, wenn innerhalb asymmetrischer Beziehungen der Glaube, christliche Lehren und Werte benutzt werden, um die sich anvertrauende oder abhängige Person nach den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen zu manipulieren, auszunutzen oder zu unterdrücken.

Dieser Prozess geschieht häufig sehr subtil, schleichend und meist ohne vorsätzlich böse Absicht, da die geistliche Autorität des Täters oder der Täterin mit der ‚Stimme Gottes‘ gleichgesetzt oder als solche legitimiert wird. Auf diese Weise stülpt der Täter der betroffenen Person sein eigenes Gottesverständnis oder das einer Gruppierung über, kontrolliert sie und nimmt Einfluss auf wichtige Lebensentscheidungen sowie ihr Denken, Fühlen und Handeln.

Die Folgen können derart dramatisch sein, dass viele Betroffene sich auf lange Zeit und in allen Bereichen ihres Lebens beeinträchtigt, blockiert und beschädigt fühlen […]“[1]

Das Handlungsfeld „Rotlichtarbeit“ oder „Rettung aus der Prostitution“ bietet – nicht zuletzt aufgrund vorgenannter sexueller Moralvorstellungen – Raum für Aktivitäten christlich-fundamentalistischer Akteurskonstellationen.

Darstellung der verschiedenen Charakteristika von Moralpolitik (Nebensache Implementierung, Laienpolitik, Maythen und Vorurteile, Richtungswechsel, emotionale Aufladung, Fantasie Regulierbarkeit, Ideologiedominanz)

Die sexarbeitsfeindliche Bewegung in Deutschland besteht aus mehreren Lagern:

1. Weißer Feminismus
2. (Ultra)- Konservative Sexarbeitsfeindlichkeit
3. „gender- und prostitutionskritische“ Sexarbeitsfeindlichkeit
4. Bauchlinke Sexarbeitsfeindlichkeit
5. Conspirituality
6. Extreme Rechte
sowie der Bereich der 7. religiös-fundamentalistischen Sexarbeitsfeindlichkeit.

1. und 7. bilden die größten Anteile bei sexarbeitsfeindlichen Mobilisierungen in Deutschland.

Schaubild zum "Lagerfeuer der Anständigen": Weisser Feminismus, Extreme Rechte, (Ultra)Konservativ, "Gender und Prostitutionskritisch", "Bauchlinke", Conspirituality, Fundamentalismus.

Die typische Vorgehensweise besteht im Stillen Ankommen in Form ehrenamtlicher, meist aufsuchende Sozialarbeit imitierender Praxen mit dem Ziel der Aufnahme ins lokale Hilfenetzwerk oder Wohlfahrtsverbände.

In mehreren Wohlfahrtsverbänden ist das bereits geglückt. Einmal aufgenommen beginnt das Agendasetting indem auf Positionierung zur Prostitution gedrungen wird. Parallel dazu wird mittels Kampagnen Druck auf deutsche und europäische Politik ausgeübt um eine Verschärfung der Prostitutionspolitik zu erreichen.

Oft spielt die christlich-fundamentalistische Ideologie keine prominente Rolle, wird sogar durch Begriffe wie Empowerment oder Achtsamkeit kaschiert. Recherchen zeigen allerdings ihre radikale Ideologie sowie enge Verflechtungen mit ultrakonservativen Glaubensgemeinschaften antifeministischer Ausrichtung.

Netzwerkschaubuld zu Anti-Sexarbeitsallianzen in Deutschland: "Gender- und Protitutionskritische Akteure"

Die Themen Sexarbeit und Menschenhandel bieten sich für christlich-fundamentalistische Akteure an. Sexuelle Selbstbestimmung, reproduktive Rechte oder Sexualität werden oft nach Prinzipien der Moralpolitik (Amesberger) verhandelt und sind daher geeignet für antifeministische Mobilisierungen.

Das konkrete Beispiel Mission Freedom e.V. / Himmelsstürmer Deutschland gGmbH (Haus SeeNest) veranschaulicht sowohl Vorgehensweise als auch Ideologien christlich-fundamentalistischer Akteure[2].

Zur Recherche christlich-fundamentalistischer Akteur*innen lohnt es sich zunächst, ausgehend von der Selbstdarstellung bspw. auf Homepages, Satzungen etc. etwaige Hinweise auf eine christlich-religiöse Ausrichtung zu hinterfragen (z.B.: Was wird unter einem ‚christlichen Menschenbild‘ konkret verstanden? Warum und wie will eine sozialarbeitende Organisation ‚christliche Werte vermitteln‘? Was ist mit ‚Innerer Freiheit‘ gemeint? etc.).

Schließlich können über das Internet weitere Informationen zusammengetragen werden (z.B. über Impressum und das frei abrufbare Handelsregister zur Organisationsleitung, Trägerorganisationen etc., Verbindungen zu anderen christlich-fundamentalistischen Gruppen/Netzwerken, Äußerungen in Social Media, YouTube etc.). Nicht selten zeigen sich hier überraschend offen geäußerte radikale christlich-fundamentalistische Einstellungen, Verbindungen zu US-amerikanischen evangelikalen Organisationen und zum Teil auch ins rechtsextreme Milieu.

Christlicher Fundamentalismus wird in Deutschland bisher kaum als ernstzunehmendes Problem wahrgenommen.

Infolgedessen werden Bezüge zu einer christlichen Grundausrichtung so gut wie nie kritisch hinterfragt und problematische fundamentalistische Ausrichtungen und Ziele nicht erkannt. Bisher sind nur vereinzelt Stimmen zu hören, die auch auf das extremistische Potential christlich-fundamentalistischer Ideologien hinweisen und eingehendere Untersuchungen und Forschung fordern[3].

Die Entwicklungen nicht zuletzt in den USA, wo christliche Fundamentalist*innen bereits ganz erheblichen Einfluss auf Politik und Gesellschaft nehmen, sollten uns vor Augen führen, wie gefährlich dies ist.


[1] Butenkemper, Stephanie, Toxische Gemeinschaften: Geistlichen und emotionalen Missbrauch erkennen, verhindern und heilen, Herder, Freiburg i. Br., (zitiert nach E-Book), S. 21.

[2] Vgl. hierzu m.w.N. auch Pöhl, Die großen Pläne ‚Gottes‘… sind undurchschaubar, in: MIZ 02/2024, abrufbar unter: https://wonderl.ink/@nounum24 sowie unter https://miz-online.de/die-grossen-plaene-gottes-sind-undurchschaubar/

[3] Vgl. auch den Bericht zur CoRE-NRW Werkstatt v. 27.06.2024 „Das extremistische Potenzial des christlichen Fundamentalismus“, abrufbar unter: https://www.bicc.de/Publikationen/CoRE-NRW%20Dokumentation%20Christlicher%20Fundamentalismus.pdf

Die Präsentation zum Workshop kann hier abgerufen werden:

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