Christliche Fußballinfluencer*innen zur Missionierung – Geistlicher Kampf mit Fußball?

ARD löschte nach Programmbeschwerde Reel und passte Bericht an -Was steckt dahinter und welche Rolle spielten Verbindungen von „Fußball mit Vision“ in die Politik?

Bereits vor einigen Monaten berichteten die Faktenfinder der Tagesschau, wie christliche Fundamentalist*innen Fußballprofis zur Missionierung einsetzen.

Es folgte viel Aufregung und eine Programmbeschwerde des CDU-Bundestagsabgeordneten Johannes Volkmann (Enkelsohn von Helmut Kohl). Laut Volkmann beinhalte der Artikel eine „Missachtung religiöser Überzeugungen“, da dieser „gezielt christliche Bekenntnisse mit einem negativen Werturteil versieht und dabei Grundsätze journalistischer Sachlichkeit oder Ausgewogenheit außen vorlässt“.

Eine inhaltliche Debatte zu den von den thematisierten Organisationen verbreiteten christlich-fundamentalistischen Ideologien und deren aufgezeigten Verbindungen blieb hingegen zunächst nahezu vollständig aus.

Dabei hätten die gut recherchierten Kritikpunkte dazu allen Anlass geboten: Ein Glaube an Dämonen, Exorzismen, Prophezeiuungen und Wunderheilungen, mit dem zunächst Fußballer*innen missioniert werden, die dann als Fußballstars wiederum insbesondere junge Menschen auch an Schulen missionieren sollen?

Und das durch Organisationen, die wie z.B. die Trump-nahe Bethel Church oder ihr deutscher „Ableger“ Awakening Church interntional bestens vernetzt sind und dafür stehen, ihr eigenes christlich-fundamentalistisches und antipluralistisches Glaubensverständnis in allen Gesellschaftsbereichen zur Vorherrschaft bringen zu wollen? Was ist da los?

Stattdessen fokussierte sich die Debatte auf die vermeintliche Diskriminierung „christlicher Glaubensüberzeugungen“. Die Webseite „Dokumentieren gegen Rechts“ hat den Vorgang bereits ausführlich dargestellt.

Mittlerweile hat das Thema zu weiterer kritischer Berichterstattung geführt: Unter anderen die Journalist*innen Dina Falken und Felix Michaelis widmeten sich bei Belltower News in zwei Teilen hier und hier den missionierenden Fußballer*innen, ihren Netzwerken und ideologischen Hintergründen.

Wir gehen in diesem Beitrag noch einmal explizit auf das Netzwerk Fußball mit Vision, dem dahinter stehenden Verein Sporler ruft Sportler (SRS) und deren Verbindungen in die Politik ein. Denn dies lässt die Programmbeschwerde des CDU-Abgeordneten Johannes Volkmann durchaus noch einmal in einem „besonderen“ Licht erscheinen…

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Alles bleibt wie es ist – die rechtspopulistischen Eiferer jubeln dennoch…

Zunächst vorab: Die Programmbeschwerde von MdB Volkmann wurde abgewiesen.

Dennoch hat Tagesschau den Bericht angepasst, das auf Social Media geteilte Reel wurde gelöscht. Zur Begründung heißt es laut Welt:

„Der Sender habe sich aber dennoch entschlossen, den Artikel auf „tagesschau.de“ zu überarbeiten, da durch „einzelne Formulierungen der Eindruck entstehen könnte, wir würden Missionsarbeit generell einen Vorwurf machen“. Da sich das Instagram-Video nicht nachträglich bearbeiten lasse, habe man es entfernt.“

Insbesondere auf rechtspopulistischen Seiten wie Nius und der Jungen Freiheit sowie auf Accounts der „üblichen“ Influencer*innen der christlich-fundamentalistischen rechtschristlichen Szene wie Jasmin Friesen oder Johannes Hartl herrschte großer Jubel.

Doch tatsächlich wurde NICHTS im überarbeiteten Artikel zurückgenommen – allenfalls wurden Präzisierungen vorgenommen, wie dieser Dokumentenvergleich zeigt.

Harmlose Glaubensverkündung oder antipluralistische Gesellschaftstransformation?

Die Kritik der Tagesschau an den hinter der Missionsarbeit der thematisierten Vereine stehenden christlich-fundamentalistischen Ideologien und deren Zielen ist hinter der Debatte um vermeintlich „religionsfeindliche“ Berichtertstattung zunächst völlig in den Hintergrund getreten. Dabei wäre eine Debatte darüber tatsächlich dringend geboten.

Die Tagesschau wies darauf hin, sie habe Missionsarbeit „nicht generell einen Vorwurf machen“ wollen.

Kritik an einer Missionsarbeit, die auf christlich-fundamentalistische Ideologien beruht, die sich letztlich auch gegen unsere pluralistische Gesellschaft insgesamt richtet, also vorrangig eine Ausgrenzung anderer betreibt, ist jedoch völlig berechtigt und dringend geboten. Gerade auch Christ*innen sollten sich aufgerufen fühlen, sich zu derartigen Glaubensvorstellungen klar zu positionieren.

Ein empfehlenswerter Artikel von Mascolo et al. in The Christian Right in Europe“ beschäftigt sich mit der christlichen Rechten. Dort werden Ideologien und Strategien beschrieben, die wir bei Fußball mit Vision wiederfinden. Besorgniserregend: Diese Entwicklungen vollziehen sich weitgehend unbemerkt und doch manipulieren und beeinflussen sie den gesellschaftlichen Diskurs bewusst.

Zudem wächst innerhalb des Christentums eine Bewegung stark, die sich zur „Ausbreitung des Reichs Gottes“ auf Erden berufen sieht. Die Vikarin Dr. Maria Hinsenkamp hat in ihrer Dissertation „Visionen eines neuen Christentums“ für diese religiöse Ausrichtung den Begriff einer „Kingdom-minded Network Christianity“ (kurz: KiNC) entwickelt.

Nach den Vorstellungen dieser KiNC sollen die verschiedenen Gesellschaftsbereiche – darunter auch der Gesellschaftsbereich „Kunst und Unterhaltung“ (also auch „Sport“) – wieder unter christliche Vorherrschaft gebracht und im Sinne des „Reichs Gottes“ transformiert werden. Es geht also explizit nicht um die Einbringung einer Meinung in den demokratischen Diskurs, sondern um eine Vorherrschaft bzw. Dominanz der eigenen Überzeugungen.

Das „Reich Gottes“ soll sich somit immer weiter ausbreiten, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Jesus auf die Erde zurückkehrt. Die Idee dieser Strategie geht zurück auf eine vermeintlich vom „Heiligen Geist“ offenbarte Vision, das sogenannte Seven Mountain Mandate (vgl auch hier unter Teil 2 „„Sieben Berge“ und „Die größte Bedrohung für unsere Demokratie, von der Sie noch nie gehört haben“…)

Wie real und präsent diese Ideologie bereits auch in Europa ist, zeigt u.a. auch eine aktuelle Predigt von Leo Bigger aus der v.a. in der Schweiz und Deutschland massiv gewachsenen Megakirche ICF (International Christian Fellowhip) zum „geistlichen Kampf“:

Screenshot auf Live-Übertragung einer Predigt aus der ICF Zürich mit Leo Bigger vom 26.10.2025. Bühne, im Hintergrund zwei Krieger in Kampfausrüstung und Schrift "Geistlicher Kampf": https://www.youtube.com/watch?v=VA56tlvw0GA

Quelle: Screenshot Screenshot Predigt aus der ICF Zürich mit Leo Bigger vom 26.10.2025, Youtube-Kanal ICF.

Kritik an dem christlichen Duo O’Bros (die sich insbesondere auf deren Verbindungen in rechtspopulistische Kreise bezog) wird dabei ebenso brüsk – und freilich ohne auf die Kritik inhaltlich einzugehen – zurückgewiesen, wie die Kritik an den missionierenden Fußballer*innen – alles nur „Angriffe des Feindes“.

Ganz offen wird sich in der mit Kampfesrhetorik durchsetzten Predigt stattdessen zur Ideoligie des „Seven Mountain Mandate“ bekannt:

Quelle: Screenshot Screenshot Predigt aus der ICF Zürich mit Leo Bigger vom 26.10.2025, Youtube-Kanal ICF.

Die Geschichte von „Sportler ruft Sportler“ und „Fußball mit Vision“

Fußball mit Vision ist um 2022 als Projekt aus dem Verein Sportler ruft Sportler (SRS) unter Leitung von Manuel Bühler, ehemaliger Fußballprofi beim 1. FC Nürnberg und 1860 München, gestartet worden.

Die Strategie: „Wir leben das Reich Gottes im Sport„. Mittlerweile hat der wiederum aus dem Missionswerk Neues Leben hervorgegangene Verein SRS Gruppen in über 20 Sportarten.

Bühler selbst kam laut eigenen Angaben über Kontakte mit Zé Roberto zum Glauben. Denn SRS und Fußball mit Vision sind nicht nur nach außen missionarisch aktiv. Sie bieten auch Profifußballer*innen, die regelmäßig unter hohem Leistungsdruck stehen, mit Gebetskreisen u.v.m. – vermeintlich – eine „geistliche Heimat“ und freundschaftliche Beziehungen, die im Profisport sicher nicht einfach zu finden sind.

Profifußballer*innen eignen sich aber auch als Identifkationsfiguren zur Missionierung besonders gut. Gerade auch zum Missionieren unter jungen Menschen.

Und dessen ist sich die christlich-fundamentalistische „Szene“ durchaus bewusst: Das evangelikale christlich-fundamentalistische Schweizer Magazin jesus.ch – das auf seiner Webseite auch Geschichten von Personen bewirbt, die ihre Homosexualität nicht ausleben und daran glauben, dass „die Bibel ihnen Heteronormativität vermittelt“ – hat gleich ein ganzes Dossier zu „Fußball und Glaube“ veröffentlicht. Mit zahlreichen Bekehrungs- und „Erfolgsgeschichten“…

Es wundert kaum – beunruhigt indes umso mehr -, dass Fußball mit Vision sich besonders (und scheinbar durchaus erfolgreich) um Auftritte in Schulen bemüht. Entsprechendes gilt für SRS, wobei die Auftritte an Schulen häufig vermeintlich „neutral“ als „Sozialkompetenztraining“ vermarktet werden, wie hier am Landesmusik-Gymnasium Rheinland-Pfalz.

Gesellschaftstransformation durch Mission?

Dass es bei SRS und Fußball mit Vision um Mission geht, ist offensichtlich. SRS ist auf seiner Webseite hierzu sehr deutlich:

„Sport bietet Christen eine kraftvolle Möglichkeit, den Glauben in die Gesellschaft zu bringen.“

Wer den Vereinen SRS und Fußball mit Vision nachgeht findet diese vorwiegend im christlich-fundamentalistischen Umfeld, worauf der ARD-Bericht bereits eingeht. Und das zeigt eben auf, dass dort hochproblematische Ideologien vermittelt werden – sowohl gegenüber Fußballer*innen als auch deren Fans.

Verbindungen zur internationalen Organisation Ballers in God, zum europäischen „Vertreter“ der Bethel Church in Europa, Ben Fitzgerald von der Awakening Church und Awakening Europe, sowie zu homophoben Äußerungen des BVB-Spielers Felix Nmecha wurden dort bereits aufgezeigt.

Bühler, der Leiter von Fußball mit Vision, gab dieses Jahr dem „Christlichen Onlinekongress“ ein Interview. Teilnehmende des Kongresses waren u.a.: Der neurechte Peter Hahne und der AfD-nahe Evangelist Lothar Gassmann. Letzterer rief nach der Ermordung des rechtsextremen Charlie Kirk in Anlehnung an dessen Initiative „Turning Point USA“ zur Gründung eines Vereins „Wendepunkt Deutschland“ auf. Bühler scheint kein Problem damit zu haben, sich in solchen Kreisen zu bewegen.

Auch die von SRS gestartete „Werteoffensive“ macht hellhörig:

„Der christliche Glaube an Gott als Schöpfer, an Jesus Christus als Erlöser und den Heiligen Geist als Motivator, ist Ausgangspunkt und Wertemaßstab unseres Handelns.“

Und dann kommt noch viel Geld…

Auch der evangelikale Christ Friedhelm Loh, einer der reichsten Deutschen (aktuell ca. $ 13 Mrd.), teilt dieses Anliegen:

Mit der Rittal Foundation und der Wertestarter – Stiftung für christliche Wertebildung sowie zahlreicher Aktivitäten in weiteren Stiftungen ist er bedeutender Mäzen vieler evangelikaler Organisationen und Projekte im Sozial- und Bidungsbereich. Sein Bruder Joachim Loh unterstützte mit seiner Firma Hailo diesen Sommer erst das „Macher Festival“ der Real Life Guys.

Und so wundert es eigentlich kaum, dass Lohs Wertestarter auch den Verein SRS unterstützen, der – übrigens ebenso wie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – offiziell zu den Kooperationspartnern der Wertestarter gehört.

In der Verfassung der Stiftung begründet Friedhelm Loh sein Engagement:

„Der christliche Glaube hat in vielen gesellschaftlichen Bereichen seine prägende Kraft verloren. Die nachwachsende Generation erfährt auch in ihren Familien keine, am christlichen Glauben orientierte, Wertebildung. Dies hat mich, Friedhelm Loh
veranlasst, die Stiftung für Christliche Wertebildung zu gründen. Sie will helfen, dass einerseits in Kindergärten, Schulen und in der außerschulischen Jugendbildung und andererseits in der Qualifizierung von Mitarbeitenden in den pädagogischen
Handlungsfeldern, Bildungsräume zu einer am christlichen Menschenbild orientierten Wertebildung eröffnet werden.“

Das „gesellschaftstransformatorische“ Engagement der Wertestarter wird fortlaufend evaluiert, wie hier im Evaluationsbericht (S. 10) ersichtlich: Die 7 Stufen der Wirkungstreppe: „Aktivitäten finden wie geplant statt“ bis „Die Gesellschaft verändert sich“ (Quelle: https://wertestarter.de/media/downloads/A4-Wirkungsanalyse-022024.pdf, S. 10):

Gute Verbindungen in die Politik

Im Kuratorium der Wertestarter sitzt ein alter „Politik-Bekannter“: der ehemalige MdB Volker Kauder, CDU, ebenfalls eng verbunden mit der evangelikalen Szene. Und Parteikollege der Person, die gegen den ARD-Bericht Programmbeschwerde einlegte: Nämlich Johannes Volkmann, CDU, MdB & Enkel von Helmut Kohl und gewählt über den Wahlkreis Lahn-Dill – in dem übrigens auch die Stadt Haiger, der Wohnort von Friedhelm Loh, liegt.

In Haiger hat des Weiteren auch die Firma „Franz Hof GmbH“ ihren Sitz. Geschäftsführerin Katja Hof, die erst dieses Jahr auch auf dem dem Kongress Christlicher Führungskräfte des rechtspopulistischen idea-Magazins – dessen Gründung ebenfalls aus der Familie Loh unterstützt wurde – aufgetreten ist, ist Schwägerin von Gerhard Kehl aus der Kemptener Alpen Church.

Kehl ist wichtiges Bindeglied zur US-evangelikalen Bethel Church. Die Organisation Awakening Europe vom Bethel-Prediger ben Fitzgerald hat weiterhin ihr Impressum an Kehl’s Alpenchruch, von wo aus er schließlich die G5 Gemeinde Eimeldingen übernahm und die Awakening Church gründete.

Kehl selbst war neben Fadi Krikor, u.a. vomFather’s House for all Nations und Deutschland betet, einer der beiden Initiatoren derUNUM24. Auf Einladung von Kehl und Krikor trat dort der rechtschristliche Trump-Unterstützer Bill Johnson, Leiter der Bethel Church, als einer der Star-Gäste auf. Pressesprecherin der UNUM24 war die queerfeindliche und rechtschristliche Birgit Kelle.

Die „Szene“ ist eben sehr vernetzt…

Fazit

Gibt es Zusammenhänge zwischen den Verbindungen von MdB Johannes Volkmann zum Verein SRS und Fußball mit Vision und der Programmbeschwerde? Es gibt Anzeichen, aber wir können es derzeit nicht konkret(er) belegen.

Hinter scheinbar harmlos ihren Glauben bekundenden Fußballer*innen scheint jedoch offenbar deutlich mehr zu stehen, als eine persöniche Glaubensüberzeugung. Und die Glaubensüberzeugungen, die in dem beschriebenen Umfeld vorherrschen, geben Grund zur Sorge und zu Widerspruch. Gerade WEIL wir Religions- UND Weltanschauungsfreiheit in unserer pluralistischen Geselschaft einen hohen Stellenwert einräumen.

Schließlich sind die bisher thematisierten Vereine Ballers in God, Sportler ruft Sportler und Fußball mit Vision auch kein Einzelfall. Auch die internationale evangelikale City Changer Movement, die in Deutschland v.a. als Die Stadtreformer unterwegs ist und zahlreiche niederschwellige lokale Angebote (häufig unter dem Namen „Gemeinsam für…“ und dem jeweiligen Städtenamen) unterstützt, setzt u.a. mit Unterstützung von Organisationen wie dem Christlichen Fußballernetzwerk (CFN) auf Sport als Missionierungsintsrument (dazu in Kürze mehr…).

Es wäre wünschenswert, wenn Medien diesen Anzeichen einer (letztlich antidemokratischen) christlich-fundamentalistischen Bewegung im Deutschland mehr nachgehen würden.

Wir unterstützen gern!

Antwort auf unseren Offenen Brief von Regionalbischof Thomas Prieto Peral zur Veranstaltung von „Miteinander für Europa“

Auf unseren Offenen Brief an Kardinal Marx und Regionalbischof Peral haben wir bereits eine Antwort erhalten, die wir an dieser Stelle veröffentlichen möchten:

Wir freuen uns über die schnelle Reaktion von Bischof Peral und seine Zusage, unsere Kundgebung morgen ab 21. 15 Uhr am Sendlinger Tor (bitte kommt vorbei!) zu besuchen, um ins Gespräch zu kommen.

Wir möchten das Wochenende und die morgige Veranstaltung abwarten, bevor wir uns zu dem Antwortschreiben (vielleicht gibt es ja auch noch eine Reaktion von Kardinal Marx?) noch ausführlicher äußern.

Einige Punkte meinen wir aber bereits jetzt kommentieren zu müssen – gerade auch im Hinblick auf den diese Woche stattfinden CSD München unter dem Motto „Liberté, Diversité, Queerité“:

Weiterlesen:
„Suchet der Stadt Bestes“: CSD und Queerness kein Thema?

Zunächst sind wir sehr irritiert, wenn die Teilnahme an einer Veranstaltung parallel zum CSD unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ mit unstrittig problematischen Akteur*innen u.a. damit gerechtfertigt wird, der CSD oder „Fragen zu Queerness“ spielten dort ja keine Rolle.

Bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ ist bereits das ein Problem. Denn München ist bunt, München ist queer und wir wollen, dass das so bleibt!

Noch problematischer wird dies, wenn man einen Blick in die Workshops der Veranstaltung wirft:

Im Forum 5 zum Thema „Ehe und Familie“ treten zahlreiche queerfeindliche Organisationen auf, die ein ausschließlich binäres Geschlechterverständnis vertreten. Darunter auch die Offensive Junger Christen (OJC), die mit ihrem pseudowissenschaftlichen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) immer wieder mit queerfeindlichen Positionen und als Unterstützer von Konversionsbehandlungen auffiel.

Für „Miteinander für Europa“ spielt das Thema „Queerness“ auch im Kontext mit einem Workshop im Forum 7 zu „Sozialen Initiativen in der Stadt“ keinerlei Rolle. Stattdessen stellt die Besetzung des Workshops ein sehr anschauliches Beispiel über das Vordringen christlich-fundamentalistischer Akteur*innen in den Bereich der Sozialen Arbeit dar: ebenfalls die OJC, die Vineyard Chemnitz, die den für die „Befreiung von der sexuellen Sünde der Homosexualität“ einzusetzende „BethelSOZO Dienst“ anbietet usw…

Beim Workshop im Forum 1 „Gebet für die Stadt“ tritt Johanna Planeth, Leiterin des Gebetshaus München – in dem sie bereits Kleinkinder in „geistlicher Kriegsführung“ unterrichtet – und Leiterin des Kindergottesdienst in St. Matthäus auf. Planeth ist 2. Vorsitzende des hier schon mehrfach erwähnten Vereins Mission Freedom e.V., dessen Vorsitzende Gaby Wentland außerehelichen Geschlechtsverkehr als „erste große Sünde vor Gott“ und Homosexualität als ein „Greuel“ ansieht – der sich aber dennoch mit staatlicher Erlaubnis um schwerst traumatisierte missbrauchte Minderjährige in seiner Einrichtung „Haus SeeNest“ kümmern darf…

Wir wünschen uns weiterhin Antworten…

Zudem haben wir in unserem offenen Brief einige konkrete Fragen formuliert, die wir bisher nicht beantwortet sehen, z.B.:

  • Wie hoch darf „der Preis“ der Einheit oder eines Miteinanders – im Hinblick auf die zahlreichen problematischen Unterstützer*innen von Miteinander für Europa – tatsächlich sein?

    Konkret: Wo sind die Grenzen eines Dialogs erreicht bzw. wo bedarf es der klaren Abgrenzung und Distanzierung an der es unseres Erachtens in den letzten Jahren immer wieder gefehlt hat und die dem Erstarken christlich-fundamentalistischer Kräfte viel Raum verschafft hat?

  • Welche „christlichen Werte“, die Miteinander für Europa umsetzen will, sind dort konkret gemeint?

    Und: Wie verhalten sich die dort vertretenen Werte beispielsweise zu den Rechten queerer Menschen, die diese Wochen in einer zunehmenden (rechten) Bedrohungslage – übrigens auch direkt auf den Straßen vor der Veranstaltung – für ihre Rechte auf die Straße gehen?

  • Warum bleibt eine deutliche Absage und Distanzierung zum zunehmenden Einfluss herrschaftstheologischer Ambitionen bisher weitgehend aus?

    Damit meinen wir nicht nur den Verweis auf eigene abweichende Positionen, sondern auch ein dementsprechendes Handeln – auch wenn dann einem „Miteinander“ in einzelnen Fällen eine Absage erteilt werden muss, wie das ja zur UNUM24 auch noch geschehen ist?

  • Kann nach den in unserem Offenen Brief bereits (längst nicht vollständig!) aufgezeigten Verbindungen von „Miteinander für Europa“ wirklich davon ausgegangen werden, dass dort „der Stadt Bestes“ gesucht wird?
„Bill Johnson ist nicht beteiligt“? – Seine „Botschafter“ schon!

Wir vermissen in dem Antwortschreiben zudem ein Eingehen darauf, dass die Veranstaltung durchaus erhebliche Bezüge zu den Ideologien von Bill Johnson aus der Bethel Church aufweist.

Wie wir schon dargestellt haben, gehört einer der beiden Initiatoren der UNUM24, Gerhard Kehl, mit seiner Jordan-Stiftung zum Netzwerk von Miteinander für Europa und tritt dort auch am Wochenende auf.

In unserem Offenen Brief hatten wir dargestellt, wie eng Kehl mit seiner AlpenChurch bzw. seiner Jordan Stiftung mit der Bethel Church verbunden ist. Man könnte wohl durchaus soweit gehen, ihn als einen der „Botschafter“ der Bethel Church in Deutschland anzusehen.

Wie erwähnt, haben neben Miteinander für Europa selbst, auch zahlreiche weitere involvierte Organisationen die UNUM24 – auf der Johnson als einer der „Star-Gäste“ aufgetreten ist – ausdrücklich unterstützt. Hierzu zu sagen, im Unterschied zur UNUM24 trete Bill Johnson bei der Veranstaltung von „Miteinander für Europa“ nicht auf, greift insoweit viel zu kurz.

Und: Der „Preis“ für ein „Miteinander“ scheint hier unseres Erachtens (viel) zu hoch!

„Miteinander für Eoropa“ als Teil der letztlich demokratiefeindlichen „KiNC“?

Es ist auch nicht zutreffend, dass sich der Vorwurf dominionistischer Tendenzen – also einem letztlich demokratiefeindlichen Streben nach einer „christlichen Vorherrschaft“ –in der frei abrufbaren wissenschaftlichen Arbeit von Dr. Maria Hinsenkamp „Visionen eines neuen Christentums“ nicht auch auf „Miteinander für Europa“ bezieht. Das Gegenteil ist der Fall:

So heißt es dort, das Netzwerk „Miteinander für Europa“ habe

„eine zentrale Rolle in der Bildung einer ökumenischen KiNC [„Kingdom-minded Network Christianity“, also einer auf die herrschaftstheologische Ausbreitung des „Reichs Gottes“ ausgerichtete Bewegung, Anm. d. Verf.] [ge]bildet und [nehme] auch eine wichtige Bedeutung in der ›deutschen‹ KiNC ein[…]“

(Hinsenkamp, S. 260 und ausführlich zu Miteinander für Europa auch S. 383 f.).

Zu Gerhard Proß, Moderator von „Miteinander für Europa“ in Deutschland – und damit einem der zentralen Leitungspersonen – führt Hinsenkamp aus:

„Eine Schlüsselrolle in dieser Vermittlerfunktion kommt Gerhard Proß zu, der als Leiter verschiedener christlicher Netzwerke einen Knotenpunkt im Entstehungsprozess der deutschsprachigen und europäischen KiNC darstellt“

(Hinsenkamp, S. 384) und

„Die Formierung der KiNC-Netzwerke zielt immer auch auf die Nähe und den Aufbau von Beziehungen zu offiziellen kirchlichen Amtsträgern. So ist Proß beispielsweise seit 2009 als Moderator des Leitungskomitees der jährlichen ökumenischen Bischofstreffen
in Deutschland tätig und in regem Austausch mit verschiedenen (Landes-)Bischöfen, Präsides und Kirchenvorsitzenden, die wiederholt für die Beteiligung an unterschiedlichen KiNC-Veranstaltungen gewonnen werden.“

(Hinsenkamp, S. 385).

Vorläufiges Fazit:

Wir sind dankbar für die schnelle Antwort von Regionalbischof Peral, auch wenn diese viele Fragen offen lässt. Vielleicht ergibt sich am Freitag Abend die Gelegenheit, zumindest einige davon noch zu beantworten.

Wir warten weiterhin auf eine Reaktion von Kardinal Marx, der sich bisher immer wieder für die Rechte queerer Menschen eingesetzt hat.

Wir sehen uns am 27.06.2025 ab 21 Uhr beim Start an der Papa-Schmid-Straße oder ab ca. 21.15 Uhr am Sendlinger Tor vor der St. Matthäus Kirche (Lindwurmstraße)!

(Dennoch:)

Happy Pride!

CSD München trifft auf christlich-fundamentalistische Veranstaltung von “Miteinander für Europa”

“Suchet der Stadt Bestes” mit Unterstützern der UNUM24?! – Gegenkundgebung am 27.06.2025!

Genau ein Jahr nach der christlich-fundamentalistischen Glaubenskonferenz „UNUM24 – Eins Sein“ in der Münchener Olympiahalle, treffen sich erneut – wieder parallel zum CSD – christliche Fundamentalist*innen, die im Sinne einer „Kingdom-minded Network Christianity“ (kurz: KiNC) eine christliche Vorherrschaft anstreben:

Vom 27. bis 29.06.2025 trifft sich das Netzwerk „Miteinander für Europa“ (MfE) unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ in der St. Matthäus Kirche am Sendlinger Tor in München. Am Samstag wird die Route des CSD direkt an der Veranstaltung vorbeiführen.

Und wieder wird eine solche Veranstaltung von Vertretern der Amtskirchen unterstützt. Dieses Mal von Reginalbischof Thomas Prieto Peral und von Kardinal Reinhard Marx, der sich von seinem Generalvikar Christoph Klingan vertreten lässt.

An dieser Stelle veröffentlichen wir unseren Offenen Brief an Bischof Peral und Kardinal Marx, den wir am 27.6.2025 bei einer Kundgebung am Sendlinger Tor verlesen werden.

Start ab 21 Uhr direkt nach dem TINQ*march:
Papa-Schmid-Straße (zwischen Müllerstraße / Blumenstraße.

Kundegebung ab ca. 21:15 Uhr:
Sendlinger Tor, Lindwurmstraße bei der St. Matthäus Kirche

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Offener Brief an
Kardinal Reinhard Marx und
Landesbischof Thomas Prieto Peral

Ihre Teilnahme an der Veranstaltung von „Miteinander für Europa“ – „Suchet der Stadt Bestes“
vom 27. bis 29.06.2025 in der St. Matthäus Kirche München

Kein „Miteinander“ um jeden Preis!

25.06.2025

Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,
sehr geehrter Herr Bischof Peral,

vor genau einem Jahr sorgte die parallel zum Christopher Street Day veranstaltete christlich-fundamentalistische Glaubenskonferenz „UNUM24 – EINS SEIN“ in der Olympiahalle München für erhebliche Kritik. Dem vorausgegangen waren weiterhin öffentliche Recherchen des vom Unterzeichner mit initiierten Protestbündnisses #NoUNUM24 zur problematischen Ausrichtung der Veranstaltung und weiter Teile ihrer Unterstützer*innen.

Neben weiteren Aspekten stand insbesondere die Teilnahme des queerfeindlichen Trump-Unterstützers Bill Johnson aus der kalifornischen Bethel Church im Fokus der Kritik. Der öffentlichen Kritik schlossen sich auch zahlreiche christliche Gruppen, wie beispielsweise die Evangelische Jugend München und #OutInChurch an.

Wir haben damals positiv wahrgenommen, dass Sie, sehr geehrter Bischof Peral, sich unter anderem in einem Interview mit den Worten „Bill Johnson ist ein Spalter“ deutlich von der UNUM24 distanziert haben. Trotz des ökumenischen Einheits-Gedankens stellten Sie klar, dass ein solches Miteinander bzw. eine solche Einheit „nicht um jeden Preis“ anzustreben sei. Soweit uns bekannt, hatten Sie, sehr geehrter Herr Kardinal Marx, eine Teilnahme an der UNUM24 ebenfalls abgelehnt.

Umso irritierter sind wir nun, dass Sie – bzw. Kardinal Marx nunmehr in Vertretung seines Generalvikars – genau ein Jahr nach der UNUM24, und erneut parallel zum an der St. Matthäus-Kirche vorbeiführenden Christopher Street Day, die dort vom 27. bis 29.06.2025 organisierte Veranstaltung des Netzwerkverbands „Miteinander für Europa“ unter dem Titel „Suchet der Stadt Bestes“ unterstützen. „Miteinander für Europa“ war mit seinem Leiter Gerhard Proß ebenfalls im Trägerkreis und Netzwerk der UNUM24 vertreten. Ein Blick in die Liste der Angehörigen des Netzwerks von „Miteinander für Europa“ (erwähnt sei an dieser Stelle lediglich die lang fortzusetzende Liste von Kritik am Gospel Forum, der FCJG Lüdenscheid oder den Christen an der Seite Israels) wirft nun für uns die Frage auf, wie hoch „der Preis“ der Einheit oder eines Miteinanders Ihres Erachtens tatsächlich sein darf?

So sind bei der Veranstaltung dieses Wochenende auch zahlreiche weitere Personen und Organisationen involviert, die vergangenes Jahr die UNUM24 unterstützt haben. Besonders hervorzuheben ist insoweit (wie schon in den vergangenen Jahren) die Teilnahme von Gerhard Kehl aus der AlpenChurch in Kempten. Kehl war mit seiner Jordan Stiftung neben Fadi Krikor vom „Father‘s House for all Nations“ einer der beiden Initiatoren der UNUM24 und gehört mit der Stiftung ebenfalls dem Netzwerk „Miteinander für Europa“ an. Bei der Jordan-Stiftung wird auch das gefährlicheBethel SOZO-Befreiungsgebet“ angeboten, dass nach seinen „Entwicklern“ u.a. zur „Heilung von Homosexualität“ Anwendung finden soll. Zudem ist Kehl als Mitglied im Trägerkreis des Christlichen Convent Deutschland (CCD) bundesweit mit zahlreichen Organisationen verbunden.

Zudem ist Kehls AlpenChurch Teil des internationalen Bethel-Leaders-Network und steht mit der Bethel Church bzw. deren Netzwerken u.a. auch als „geistlicher Leiter“ der Schule der Erweckung in Füssen in enger Verbindung, wie hier vor Kurzem in der Bethel Church in Redding.

Schließlich findet sich die Anschrift des von Ben Fitzgerald geleiteten „Europa-Ablegers“ der Bethel Church, dem Verein „Awakening Europe“, ebenfalls an der Adresse der AlpenChurch. Innerhalb von nur zwei Jahren übernahm bzw. gründete Awakening Europe mit der Awakening Church drei Standorte in Deutschland, vor Kurzem in Berlin. Erst diese Woche berichtete Frontal, wie eine Undercover-Reporterin in der Awakening Church von Fitzgerald mit Konversionsbehandlungen konfrontiert wurde (gleiches wurde erst neulich in der ICF München aufgedeckt).

Wo bleibt ein hörbarer Aufschrei und deutlicher Widerspruch aus der christlichen Gemeinschaft, die sich immer wieder dagegen wehrt, mit Fundamentalist*innen in einen Topf geworfen zu werden?

Ben Fitzgerald wurde vom Spiegel zu einem Auftritt auf einer Holy Spirit Night des Gospel Forums (übrigens ebenfalls Mitglied bei „Miteinander für Europa“) 2017 mit dem Ausruf zitiert: „I want Deutsche to be proud of being Deutsche. Who cares about history?“. Auf einer weiteren Holy Spirit Night Ende 2023 träumte der Prediger Henok Worku (der ebenfalls auf der UNUM24 und beim Anfang diesen Jahres veranstalteten ZimZum-Festival des Gebetshaus Augsburg um Johannes Hartl auftrat) unter dem Jubel tausender Jugendlicher von einer „neuen Bücherverbrennung“, bei der alle Bücher – mit Ausnahme der Bibel – verbrannt werden.

Sehr geehrter Herr Bischof Peral, Sie benennen Bill Johnson und seine Bethel-Ideologie klar als „Spalter“, unterstützen mit Ihrem Auftritt aber Netzwerke, über die diese „Spalter“ weiter an Einfluss gewinnen? Wie passt das zusammen?

Leider blieb eine nachhaltige Debatte über die problematischen inhaltlichen Ausrichtungen der Unterstützer*innen der UNUM24 und ihrer Netzwerke bis heute aus. Wie dringend eine solche wäre, zeigt u.a. eine seit Ende letzten Jahres frei abrufbare Dissertation der Vikarin Dr. Maria Hinsenkamp unter dem Titel „Visionen eines neuen Christentums“. Hinsenkamp beschreibt dort eine zunehmend sich auch in Deutschland und Europa ausbreitende Glaubensausrichtung, die herrschaftstheologisch bzw. dominionistisch darauf ausgerichtet ist, Gesellschaften nach den eigenen biblizistischen Glaubensvorstellungen zu transformieren. Hinsenkamp etablierte für diese Bewegung den mittlerweile auch in verschiedenen Medien rezipierten Begriff einer „Kingdom-minded Network Christianity“ (kurz: KiNC) und sieht zugehörig zu dieser auch zahlreiche Unterstützer*innen sowohl der UNUM24 als auch das Netzwerk „Miteinander für Europa“. In ihrer Arbeit zeigt Hinsenkamp die weitreichenden Vernetzungen der KiNC in Deutschland und international bis in Kreise der US-Evangelikalen Rechten auf (vgl. zur KiNC in Deutschland z.B. das Schaubild: Hinsenkamp, S. 283). Bisher ist leider nicht wahrnehmbar, dass sich die Amtskirchen mit diesen besorgniserregenden Entwicklungen nachhaltig befassen bzw. sich vor allem dazu deutlich und abgrenzend positionieren.

Besondere Relevanz wird von der KiNC dem u.a. auch von Bill Johnson propagierten sog. „Seven Mountain Mandate“ beigemessen. Nach dessen Inhalt sollen Christ*innen berufen sein, die verschiedenen Gesellschaftsbereiche unter den „Machtbereich Gottes“ (freilich im Sinne eines biblizistischen, christlich-fundamentalistischen Weltbilds) zu bringen und mit entsprechenden Wertvorstellungen zu dominieren. Leider müssen wir aktuell wieder besonders deutlich sehen, wie entsprechende Bestrebungen in den USA bereits Realität werden. Dort wurde die Gefahr dieser Glaubensausrichtung für die Demokratie lange Zeit unterschätzt.

Hinsenkamp zeigt in ihrer Dissertation auch die zentrale Rolle des Netzwerks von „Miteinander für Europa“ bei der Bildung und weiteren Ausbreitung einer ökumenischen KiNC in Deutschland und Europa auf. Zudem weist sie unter Bezugnahme auf Gerhard Proß – dem Hinsenkamp insoweit ebenfalls eine zentrale Rolle zuschreibt – darauf hin, dass „Miteinander für Europa“ sich selbst „als prophetisches Zeichen, als Netzwerk, von Gott selbst berufen und gesammelt, und damit als Zeuge einer besonderen »Gnadenzeit für die Ökumene der Herzen«“ versteht (vgl. Hinsenkamp, S. 384). Auf seiner Homepage beschreibt „Miteinander für Europa“ sein Ziel, „christliche Werte in konkrete Antworten auf aktuelle Herausforderungen um[zu]setzen(Hervorhebung d.d. Verf.). Das zeigt sich unter anderem in der schrittweisen Ausweitung vom „Treffen von Verantwortlichen“ (TvV) über den Christlichen Convent Deutschland (CCD) bis zum Netzwerk „Miteinander für Europa“.

Doch welche „christlichen Werte“ sind bei „Miteinander für Europa“ gemeint? Wie verhalten sich die dort vertretenen Werte beispielsweise zu den Rechten queerer Menschen, die diese Wochen in einer zunehmenden (rechten) Bedrohungslage für ihre Rechte auf die Straße gehen? Warum bleibt, trotz der aktuellen Entwicklungen, die auch bereits von den Medien aufgegriffen wurden, eine deutliche Absage und Distanzierung zum zunehmenden Einfluss herrschaftstheologischen Ambitionen bisher weitgehend aus?

Können Sie nach den aufgezeigten Verbindungen von „Miteinander für Europa“ wirklich noch davon ausgehen, dass dort „der Stadt Bestes“ gesucht wird, obgleich dort (wie in zahlreichen weiteren „christlichen“ Netzwerken „Miteinander für…“) vor allem KiNC-nahe bzw. fundamentalistische evangelikale Akteure beworben werden?

Sie, sehr geehrter Herr Bischof Peral, unterstrichen im bereits erwähnten Interview im Jahr 2024 noch deutlich: „Menschen sind in unserer Kirche willkommen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Orientierung“. Auch Sie, sehr geehrter Herr Kardinal Marx haben sich immer wieder für die Rechte queerer Menschen in der Kirche (u.a. über die Queer-Pastoral) eingesetzt und für die vielen Verletzungen seitens der Kirche um Entschuldigung gebeten. Solche deutlichen Positionierungen, gerade auch von kirchlichen Leitungspersonen wie Ihnen, sind – insbesondere auch wieder in heutigen Zeiten – wichtig. Jedoch: Ein „Miteinander“ mit denjenigen, die sich gegen das Erreichte stellen und die Uhren wieder zurückdrehen wollen, steht dem diametral entgegen!

Die problematischen ideologischen Hintergründe und Ziele bei „Miteinander für Europa“ mögen nicht auf den ersten Blick erkennbar sein. Auch behaupten wir nicht, dass diese von allen dort verbundenen Organisationen in gleicher Weise geteilt werden. Doch auch hier sollte gelten: Kein Miteinander um jeden Preis! Christlicher Fundamentalismus und herrschaftstheologische Ideologien sind global und offenbar auch in Deutschland bzw. im deutschsprachigem Raum (vgl. auch die Diskussionen um das Stift Heiligenkreuz und die Loretto-Bewegung, die sich gerade erst u.a. in der Jugendkirche München trag) wieder auf dem Vormarsch. Die fehlende klare Abgrenzung weiter Teile der Christenheit und auch innerhalb der ökumenischen Bewegung hat diesen Entwicklungen bisher leider immer weiter Raum geschaffen.

Umso wichtiger erscheint es, dass Sie in Ihrer Rolle als christliche Leitungspersonen Ihrer Verantwortung gerecht werden. Denn auch für die Kirche sollte gelten: Keine Toleranz für Intoleranz!

Wir hoffen, dass dieser Brief Sie dazu bewegt, Ihre Positionierung zu den geschilderten Entwicklungen und konkret auch zum Netzwerk von „Miteinander für Europa“ noch einmal zu reflektieren und sich dazu deutlich und öffentlich zu positionieren.

Für Rückfragen oder einen gemeinsamen Austausch stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Pöhl für FundiWatch

München wehrt sich gegen Jordan Peterson: Vielfalt und Demokratie verteidigen

Rechter queerfeindlicher Antifeminismus in der Olympiahalle? NICHT MIT UNS!

Zum Auftritt von Jordan B. Peterson im Rahmen seiner Tour „An evening to transform your life“ in der Olympihalle München (weitere Auftritte in Berlin und Frankfurt).

Mehr Infos

Unter dem Motto „An evening to transform your life“ tritt der Kanadier Jordan B. Peterson am 20. Mai in der Olympiahalle München auf. Was im ersten Moment harmlos daherkommt, ist in Wahrheit Nährboden für rassistische, antifeministische und autoritäre Weltbilder.

Am gleichen Ort fand letzten Sommer erst die christlich-fundamentalistische Glaubenskonferenz „UNUM24“ statt, gegen die sich schließlich das Protestbündnis #NoUNUM24 formierte. Bei der UNUM24 wirkte auch der katholische Theologe Johannes Hartl mit. Hartl trat gerade erst auf einer großen Konferenz von Jordan B. Petersons rechtslibertärer „Alliance for Responsible Citizenship“ (ARC) auf – gemeinsam mit zahlreichen christlichen Influencer*innen… Die ARC kann man durchaus als „Sammelbecken für die internationale politische und religiöse Rechte“ ansehen. Mehr dazu auch in diesem Artikel von correctiv.

Gemeinsam mit Bündnis Femizide Stoppen München, Gemeinsam gegen Rechts, Gruppe F, linksjugend [’solid], Extinction Rebellion München, FundiWatch und weiteren Privatpersonen und Initiativen planen wir einen Protest, dem sich hoffentlich Viele (übrigens hoffentlich auch bei den weiteren Auftritten von Peterson in Berlin und Frankfurt) anschließen!


Unsere Pressemitteilung zur geplanten Gegenveranstaltung findet ihr hier:

Also: Kommt am 20. Mai um 18:00 Uhr vor die Olympiahalle und lasst uns gemeinsam gegen diese Veranstaltung protestieren!


Vielen Dank allen Teilnehmenden und unseren Gästen auf dem Podium

Der Linktree von #NoUNUM24

Podiumsgespräch vom 29.11.2024: „Aus #NoUNUM24 wird FundiWatch – Warum es unabhängige Recherchen zu christlichem Fundamentalismus braucht“

Wir freuen uns sehr über das Interesse an unserem gestrigen Podiumsgespräch und die gute Diskussion mit den Teilnehmenden und unseren Podiumsgästen Astrid Herrmann (Religionspädagogin, Coach und Bildungsreferentin; OutInChurch), Thomas Lechner (Münchner Stadtrat der Fraktion DIE.LINKE / die PARTEI), Dr. Jobst Paul (DISS-Institut) und Michael Stritar (Dekanatsjugendpfarrer der EJM). Einen ganz besonderen Dank auch noch einmal an das LeZ München, in dessen Räumen wir uns treffen durften!

Weitere Informationen zu unseren Podiumsgästen findet ihr weiterhin hier.

Zu den bisherigen Recherchen und Aktionen von #NoUNUM24 verweisen wir hier gerne auf den Linktree von #NoUNUM24, wo sich bereits zahlreiche Informationen zu christlich-fundamentalistischen Ideologien finden lassen. Dort finden sich auch weitere Informationen zur UNUM24 und auch zum Verein Mission Freedom e.V. und seiner neuen Einrichtung Himmelsstürmer Deutschland gGmbH (Haus SeeNest) im Allgäu (ein Artikel, auch zu den letzten Presseberichten über die Einrichtung hierzu findet sich in der MIZ 02/2024).

Und schließlich möchten wir auch noch einmal auf die von #NoUNUM24 gestartete Petition „Keine Chance für christlichen Fundamentalismus und Nationalismus!“ hinweisen, die weiterhin gerne unterstützt werden kann!

Immer wieder kam die Frage auf, wie man uns unterstützen kann:

Schaut doch gerne immer regelmäßig auf unserer Homepage vorbei, wir werden diese nun sukzessive weiter ausbauen. Folgt uns auch gerne auf Instagram, Bluesky und (#NoUNUM24) auf Facebook, liked und teilt unsere Posts, denn Aufklärung lebt natürlich von Reichweite… Und ruft unsere Profile auch gerne aktiv auf – für den „klassischen“ Algorithmus sind unsere Themen häufig zu wenig „unterhaltsam“…

Bisher sind wir rein ehrenamtlich ohne finanzielle Unterstützung unterwegs. Wir arbeiten gerade noch daran, auch Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung zu schaffen, denn auch das ist natürlich nötig.

Schließlich hilft es uns natürlich sehr, wenn ihr uns Informationen, Hinweise etc. über problematische Organisationen, Erfahrungsberichte und / oder Vorschläge für Zusammenarbeit, Kooperation, etc. zukommen lasst! Gerne stellen wir auch Kontakt zu spezialisierten Beratungsstellen her. Schreibt uns gern eine Mail unter fundiwatch(at)posteo.de oder nutzt unser Kontaktformular.

Mehr hier in Kürze…

Unsere Podiumsgäste am 29.11.2024

Aus #NoUNUM24 wird FundiWatch – Warum es unabhängige Recherchen zu christlichem Fundamentalismus braucht

Am 29.11.2024 begrüßen wir ab 19 Uhr unser Podiumsgäste Astrid Herrmann (OutInChurch), Thomas Lechner (Stadtrat), Dr. Jobst Paul (DISS-Institut) und Michael Stritar (EJM München). An dieser Stelle stellen wir unsere Podiumsgäste vor.

Fr. 29.11.24, 19 Uhr LeZ, Müllerstr. 26, München – Für Online-Teilnahme bitte Anmeldung unter fundiwatch (at) posteo.de

Weiterlesen
  • Astrid Herrmann
    Religionspädagogin, Coach und Bildungsreferentin; OutInChurch

Astrid Herrmann ist Mitglied bei #OutInChurch, eine Initiative von LGBTIQ+ Menschen, die in der römisch-katholischen Kirche arbeiten und die sich „Für eine Kirche ohne Angst“ einsetzt.

Im Vorfeld der UNUM24 kritisierte #OutInChurch die Konferenz und die geplante Teilnahme des katholischen Bischofs von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, in einem veröffentlichten Statement. Dort hieß es auszugsweise:

„Angesichts der angekündigten Sprecher haben wir begründeten Zweifel, dass die Veranstaltung frei von spirituell missbräuchlichen und queerfeindlichen Äußerungen und Praktiken stattfinden wird. […] Wir fordern Bischof Timmerevers daher auf, seine Teilnahme an der Konferenz abzusagen oder aber explizit zu nutzen, um ein Zeichen gegen spirituellen Missbrauch, Hass und Diskriminierung zu setzen.“

Bischof Timmerevers nahm dennoch an der UNUM24 teil, eine klare Abgrenzung zu den auf der UNUM24 vertretenen Ideologien wurde nicht vernommen. #OutInChurch schloss sich der Demo gegen die Konferenz vor der Münchner Olympiahalle an.

Das komplette Statement von #OutInChurch zur UNUM24 kann hier nachgelesen werden.

  • Thomas Lechner
    Stadtrat der Fraktion DIE.LINKE / die PARTEI

Thomas Lechner ist Stadtrat in München und unterstütze den Protest von #NoUNUM24. Am 18.06.2024 stellte seine Fraktion DIE.LINKE / die PARTEI im Münchner Stadrat eine Anfrage unter dem Titel:

UNUM24 in der Olympiahalle –
menschenfeindliche Predigen in der Olympiahalle zeitgleich zum Christopher Street Day?

Darin heißt es unter anderem:

„Wir fragen uns, warum in einer städtischen Veranstaltungsstätte offen menschenfeindliche und diskriminierende Prediger*innen
auftreten können und für ihre undemokratischen Überzeugungen
werben können.“

Auch weitere Miglieder der Fraktion schlossen sich der Demo gegen die UNUM24 an.

Die Stadtrats-Anfrage ist Stand heute immer noch nicht beantwortet.

  • Dr. Jobst Paul
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung

Dr. Jobst Paul ist Verfasser des für das CoRE NRW – Netzwerk für Extremismusforschung in NRW herausgegebenen Kurzgutachtens „Religion und Macht. Zum extremistischen Potenzial des christlichen Fundamentalismus“.

Paul zeigt in seinem Gutachten auf, wie christlich-fundamentalistische Akteure darin übereinstimmen, „nicht für, sondern gegen den Abbau von Diskriminierung und Ungleichheit einzutreten und danach zu streben, vergangene autoritäre, antidemokratische Machthierarchien wieder herzustellen“. In den vergangenen Jahren sei eine immer größere Anschlussfähigkeit christlich-fundamentalistischer Positionen an die Programmatik rechtsextremer Gruppen entstanden. Auch haben sich personelle Verbindungen und organisatorische Vernetzungen zwischen den Milieus gebildet.

Trotz dieses Befundes attestiert Paul der gesellschaftlichen Befassung mit dem Thema durch Politik und Forschung in Deutschland eine Aufmerksamkeitslücke, vor deren Gefahren er nachdrücklich warnt. Eine Zusammenfassung des Gutachtens findet sich im Bericht zur CoRE-NRW Werkstatt vom 27.06.2024, in dem auch die UNUM24 Erwähnung findet:

„Sowohl das Mobilisierungspotenzial als auch die mangelnde Aufmerksamkeit für die Aktivitäten zeigten sich jüngst im Zusammenhang mit den Diskussionen um die „UNUM24 – EINS SEIN“-Glaubenskonferenz […].“

  • Michael Stritar
    Dekanatsjugendpfarrer Evangelische Jugend München

Michael Stritar ist in der Leitung der Evangelischen Jugend München (EJM), die seit 2016 aktives Mitglied bei der Pride Parade des Christopher Street Day in München ist.

Unter dem Titel „Uns findet man beim CSD und nicht bei der UNUM24“ distanzierte sich die EJM im Vorfeld von der Konferenz UNUM24. Besonders mit Blick auf einige Redner im Programm „ist für uns klar, dass hier in Teilen ein Welt- und Gottesbild vertreten wird, welches mit unserem im absoluten Widerspruch steht“ teilte die EJM dabei mit.

„Wir glauben, dass Nächsten- und Gottesliebe allen Menschen gilt – egal welcher Hautfarbe, Identität oder sexuellen Orientierung“

Mehr als erstaunt“ zeigte sich die EJM über die Teilnahme des CVJM München an der UNUM24. Der CVJM ist Teil des Jugendverbandes der EJM und war zugleich im Trägerkreis der UNUM24 vertreten. Man werde mit dem CVJM „im Gespräch bleiben, um unsere Position zu erläutern und ihre Position zu diskutieren„, so die Jugendkirchen-Leiterin der EJM, Nina Petzold, im Interview diesen Sommer mit dem Sonntagsblatt.

Auch Michael Stritar und die Vorsitzenden der EJM schlossen sich der Demo gegen die UNUM24 an.

Wir freuen uns auf eine gute Veranstaltung und all unsere Gäste – ob vor Ort im Lez in München oder Online!

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